Ein verurteilter Verbecher, der seine 10-jährige Gefängnisstrafe
abgesessen hat, ist Ende Juli mit dem Messer auf Besucher einer
Jerusalemer Homosexuellenkundgebung losgegangen. In Gottes Namen tötete
er eine 16-Jährige und verletzte fünf weitere Menschen. Ihr Vergehen:
Sie engagierten sich gegen die Diskriminierung von Homosexuellen.
Einen Tag später wetterte der Churer Bischof Vitus Huonder gegen
Homosexuelle, zitierte Bibelpassagen, die, wörtlich verstanden und aus dem Kontext gerissen, bei gleichgeschlechtlichem Sex
die Todesstrafe beschwören.
Die Kirche hat ein Problem mit praktizierenden Homosexuellen, ebenso
haben homosexuelle Katholiken ein Problem, wollen sie ihre Neigung und
ihre Kirchenzugehörigkeit unter einen Hut bringen. Huonder bewegt sich mit seinem
vehementen Grauen vor schwulem Sex klar in kirchlicher Tradition. Indem
er drakonische religiöse Strafandrohungen aus einem konkreten
historischen Kontext wörtlich ins Heute übersetzt, überschreitet er aber
einmal mehr eine rote Linie. Huonder begibt sich damit auf das
religiös-geistige Niveau von Extremisten wie jenen des «Islamischen
Staats», die im Namen Gottes den Nahen Osten mit brutalster Gewalt
überziehen. Er begibt sich auf das Niveau jüdischer Extremisten, die im
Namen Gottes brandstiften und Todesopfer schulterzuckend in Kauf nehmen.
In Israel hat diese Woche ein führender rechtsgerichteter Aktivist
Brandstiftung an Kirchen unter Berufung auf den jüdischen Gelehrten
Maimonides gerechtfertigt. Wie Huonder ruderte er später zurück. Er
habe nicht dazu aufgerufen, das Gebot in die Tat umzusetzen. Aber der
Hass ist gesät. Erste Kirchen haben gebrannt, zwei Menschen sind tot.
Die Kirche täte gut daran, ein klares Wort gegen selektive Bibellektüre zu sprechen: Geistige
Brandstiftung à la Huonder kann und darf es mit uns nicht geben!