Mittwoch, 18. März 2015

Neues Volk

"The first conclusion that arose just minutes after the announcement of the exit polls was particularly discouraging: The nation must be replaced. Not another election for the country's leadership, but general elections to choose a new Israeli people – immediately. The country urgently needs that. It won’t be able to stand another term for Benjamin Netanyahu, who emerged last night as the man who will form the next government."
Gideon Levys Wahlanalyse für Haaretz (18. März)

No Hope

"All this week, he made us one consistent promise: In his coming term as prime minister, there will be no hope. It is one promise that we have all come to believe he can keep."
Bradley Burston in seinem Blog für Haaretz (18. März) über den Wahlsieg Netanjahus

Sonntag, 15. März 2015

Happy Election day

"Is not voting an option? Is it an act of protest that will make a mark? At least it lets us maintain our self-respect. At least then we’ll know that we weren’t puppets on a string, fools unaware of the circumstances of our ridiculous lives. On the other hand, elections have become a ritual, like the Passover seder – something you have to participate in, even if you’re not overjoyed about it, without believing in the blessings, but rather to derive a measure of satisfaction from the tradition. Happy Election Day."
Rogel Alpher im Kommentar "Wählen gehen und sich wie ein Idiot fühlen" (Haaretz, 15. März). Wahlen in Israel seien längst kein Instrument des Wandels mehr, so Alpher.

Donnerstag, 12. März 2015

Alles oder nichts

"Making a choice as an Israeli Jew to step away from Zionism is a privilege, and you have to feel safe in your society to make a choice like that because it’s a serious minority position. So these are definitely people who feel they don’t have anything or much to lose by coming out about their decision to vote for this list."
Balad-Aktivistin Rachel Leah Jones überjüdische Israelis,die arabische Parteien wählen (Haaretz, 12. März)

Donnerstag, 5. März 2015

Entscheidend

"For everyone who opposes the occupation and supports civic equality, the question is whether there's a reason to vote for the Joint List of Arab parties. Are Israelis — and does it matter if they’re of Jewish, Muslim or Christian origin? — who are not communists, do not believe in Allah and are not Palestinians with nationalist positions supposed to vote for this party? Of course, politically there is no reason to exaggerate the benefit that will accrue from supporting the Joint List, even if it’s clear its leaders will support every serious step toward diplomatic negotiations. I’m also sure that after the election its leaders will disappoint its voters, as every normal party has done. But symbolically, a vote for this party could be a decisive event in Israel’s short history."
Der emeritierte Historiker Shlomo Sand zur Frage, warum Israelis für die Vereinte arabische Liste stimmen sollten (Haaretz, 5. März)

Mittwoch, 4. März 2015

Meinung

"There are two countries in the world where two minutes after you reach the border you’re asked your opinion of them. One country is the Soviet Union and the second is the Land of Israel."
The Bukarest-born jewish war photographer Robert Capa who emigrated to Israel in 1948

Montag, 2. März 2015

Der schwarze Fleck auf Israels Seele



© Quique Kierszenbaum
Ein Vegetarier, der die Argumente der Tierrechtsaktivisten für dehumanisierend hält. Aktivist gegen die israelische Besatzung, aber "weder pazifistisch noch pro-palästinensisch". Ein "orthodoxer Jude", der "in der modern-säkularen Welt des 21. Jahrhunderts" lebt. "Professionell schizophren", lautet die leicht ironische Selbstbeschreibung Yehuda Shauls. Der "Breaking the Silence"-Mitgründer passt nicht so ohne weiteres in eine Schublade. Ausgerechnet einen Ort, an dem es "kein Grau" gibt, ist für ihn der Ort, an dem "beide Teile meiner Identität zusammenkommen im gleichen Kampf": Hebron, Hotspot des israelisch-palästinensischen Konflikts und Lehrstück der israelischen Besatzungspolitik. 

Hebron. Die grösste palästinensische Stadt in der Westbank ist eine geteilte Stadt. 190.000 Palästinenser, 850 israelische Siedler, 650 Kampfsoldaten zu deren Schutz. 1.800 geschlossene palästinensische Geschäfte in der Altstadt und für Palästinenser nicht oder nur eingeschränkt betretbare Pufferzonen. H1 und H2 lautet technisch steril seit den Oslo-Abkommen das Konstrukt: H1 umfasst 80 Prozent der Stadt. H2 ist unter vollständiger israelischer Kontrolle und umfasst alles, "was Hebron zu Hebron macht: die Patriarchengräber, die Siedlungen, die Altstadt".

"Wir haben Zeit?" Die Frage ist rhetorisch, Yehuda ist vorbereitet. Rot, orange, violett markieren die Farben auf der Karte die Segregationslinien einer Geisterstadt. "Wer verstehen will, wie die Stadt heute aussieht, muss zurückschauen." Jehuda skizziert in grossen Schritten ihre Geschichte. Da sind die Patriarchengräber, Mütter und Väter beider Nationen in relativ friedlicher Koexistenz. Dann kam das Massaker von 1929, das der organisierten jüdischen Gemeinschaft in Hebron ein Ende bereitete – die Grundlage der Siedlungen: "Der Wiederaufbau einer jüdischen Gemeinschaft war eine Frage der nationalen Ehre." 

Yehudas Formel ist einfach und ein bisschen zynisch. Wer sagt, Hebron sei ein Extremfall, hat nichts verstanden. Wer aber Hebron verstanden hat, hat das Einmaleins der israelischen Besatzung verstanden: "Hebron ist ein Geschenk Gottes, ein Mikrokosmos. Wenn Du ihn einen halben Tag lang durchwanderst, lernst Du, wie wir die Westbank kontrollieren: Teile und herrsche. Separation. Siedlungen. Einschüchterungen. Den Fuss auf dem Land, wie jede andere Kolonialmacht."

Yehuda Shaul hat Hebron oft durchwandert. Zuerst als Soldat zum Schutz der Siedler. Später dann mit israelischen und ausländischen Besuchern im Gefolge, in der Überzeugung, dass "dies enden sollte, nicht nur wegen meiner Flagge, sondern auch wegen dem, was es dem Judentum antut". "Wir von Breaking the Silence glauben, dass unsere Armee ihrem Namen "Verteidigungskräfte" gerecht werden sollte, statt Instrument der Unterdrückung und Besatzung zu sein. Wir glauben an dieses komische Konzept, dass Menschen sich selber regieren und nicht durch eine fremde Militärmacht beherrscht werden sollten. Leider gilt das in diesem Teil der Welt als sehr radikale Idee." Das T-Shirt, das der Hüne mit dem dichten Bart an diesem Tag trägt, ist leuchtend orange, etwas weniger grell nur als das der Siedler.

 Hebron, sagt Yehuda, "ist ein Ort der Wahrheit, an dem es kein Grau gibt". Diese Wahrheit macht nur Sinn für den, der "mit den Augen der israelischen Autoritäten" schaut. "Nur aus dieser Perspektive heraus ist es egal, wer am Anfang der Gewalt steht." Dann nämlich, wenn es zwei unhinterfragte Prämissen gibt: "Wir haben Siedlungen. Und zweitens: Die Siedler sind israelische Bürger und verdienen ein Leben wie jeder andere israelische Bürger Also bedenken wir die Zahl der Soldaten im Einsatz, die Gefahren. Nur eins bedenken wir nicht: 190.000 Palästinenser. Entweder glaubst Du, dass wir wegen der Patriarchengräber und 1929 tausende von Menschen auf ewig ohne Würde und Rechte halten dürfen. Oder nicht."

Yehuda Shaul glaubt nicht Er stellt Fragen. Spricht von Rassismus und überschrittenen roten Linien. Von militärischer Segregationspolitik, Siedlergewalt und fehlender Strafverfolgung. Von Israels Regime in Hebron als "moralische Abscheulichkeit" und "schwarzem Fleck auf der Seele Israels und des Judentums". "Die Siedlungen", sagt er "müssen evakuiert werden. Das heisst nicht, dass ich glücklich bin. Aber auf einer Skala der Gerechtigkeit ist eine andauernde militärische Besatzung von Millionen von Menschen viel schlimmer, als wenn mir nicht erlaubt wird, morgen die Patriarchengräber zu besuchen".