Montag, 9. August 2010

Auch am Shabbat

In einer orthodoxen Nachbarschaft hat ein Vater seine drei Kinder erstochen. Die Nachbarn zögerten, die Polizei zu rufen. Ihr Problem: Darf man das am Shabbat? Man darf. Man muss sogar. Das zumindest haben ein paar Tage später die Rabbiner der Tzohar Organisation klargestellt. Das Leben des Nächsten steht über dem Shabbat. Biblisch ausgedrückt: "Du sollst dich nicht hinstellen und das Leben deines Nächsten fordern".
Was mag in einem Menschen vorgehen, der angesichts eines um sein Leben schreienden Kindes nachrechnet, wie viel Schritte er an diesem geheiligten Tag noch gehen darf? Oder, um zuerst vor der eigenen Haustür zu kehren, was in einem Bischof, der Exkommunikationen ausspricht für eine Abtreibung an einer Neunjährigen, die durch den eigenen Stiefvater geschwängert wurde? Anders gefragt: Wo endet die Religion und wo beginnt die Obsession?
Sollten nicht Religion und religiöse Vorschriften dem Menschen und seinem Wohl dienen? Der Shabbat ist für den Menschen da. Nicht umgekehrt.

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