"Du bist auch nicht philippinisch!" Die Fremdheit inmitten der Gruppe von Asiatinnen bringt uns irgendwie zusammen, Neama, die junge ägyptische Christin, und mich. Neama spricht
Arabisch, ihr Englisch ist schwer verständlich. Sie gestikuliert und mimt Pistolenschüsse. Dann streckt sie ihren rechte Hand
aus. Narben auf dem Unterarm sind die sichtbaren Spuren eines blutigen
Zusammenstosses zwischen Muslimen und Christen, bei dem sie verletzt
wurde. In der Linken hält sie einen Brief von ihrem Pfarrer in Kairo. Auf
Englisch bittet er um Hilfe und Unterstützung für Neama, die sich
auf Zypern eine bessere Zukunft erhofft. "Wer schickt diese Menschen zu uns?"
Die Frage von Pater Evencio klingt bitter. Für die junge Frau,
sagt er, "gibt es keine Zukunft auf Zypern".
Neama ist motiviert. Eine handvoll
griechische Worte und Sätze hat sie sich seit ihrer Ankunft auf der Insel vor
vier Tagen schon angeeignet. Ungeduldig wartet sie seit einem halben Tag auf
den vielbeschäftigten Franziskaner, in der Hand den Brief, der ihr Schlüssel zu
einem besseren Leben sein soll. Sobald sie Arbeit hat, sagt sie, will sie
Englisch lernen. Und mehr Griechisch. "Das beste für sie ist, wenn sie wieder nach Ägypten zurückkehrt und sich dort
einen sichereren Platz sucht. Sie würde sich viel Leid und viele Tränen
ersparen", sagt der Pater. "Junge Frauen wie
Neama, die ohne Visum und ohne Arbeit hier einreisen, landen in einem Loch."
Die Migrationspolizei ist sehr effizient und
schnell, und "selbst wenn sie es schafft, sich zu verstecken: Ohne
Arbeit wird sie früher oder später in der Prostitution landen, wie hunderte
andere vor ihr." Hart oder bitter
klingen will er nicht, aber helfen können
die wenigen Brüder angesichts der grossen Zahl an legalen und illegalen
Einwanderern kaum. Und manchmal bedeutet Hilfe, einem Einwanderer die Illusion
auf eine sichere Zukunft in Europa zu nehmen – um schlimmeres zu verhindern.
Neama versteht den
Pater nicht. Mit Tränen in den Augen hält sie dem Franziskaner den Brief hin.
Ihr Flug zurück in die ungeliebte ägyptische Heimat geht in weniger als 24
Stunden, und auch ihr Aufenthaltsrecht auf Zypern läuft in wenigen Tagen aus.
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