"Nein, es ist alles in Ordnung hier, ich komme gerade
von einem Spaziergang durch Gaza-Stadt..." Das imaginäre Telefongespräch
mit Familie oder Freunden in Europa lässt mich grinsen, irgendwie hat die
Szenerie etwas absurd-surrealistisches. Der dritte Gazabesuch ist längst nicht
mehr so aufregend wie der erste Kontakt mit diesem Landstrich, dessen
Medienpräsenz seit Jahrzehnten durch schlechte Nachrichten geprägt ist. Auch,
wenn nach der jüngsten Welle der Gewalt ein leicht mulmiges Gefühl bleibt bei
der Vorstellung von zwei Nächten in Gaza. Nicht wegen der Menschen in Gaza.
Sondern aus Sorge davor, dass der Armee auf der einen oder den bewaffneten
Gruppen auf der anderen Seite einfallen könnte, eine neue Runde im alten Spiel
der Eskalation einzuleiten.
Wie auch immer man sich ein Gebiet vorstellt, in dem die die
jüngste Waffenruhe gerade mal drei Wochen alt ist: Zumindest in meinen
Vorstellungen sieht Gaza anders aus."Eines jedenfalls ist klar: die Menschen hier sind
keine Monster!" Die Worte eines Kollegen beim Rundgang durch Alt-Gaza
bringen es auf den Punkt: wo immer wir für einen Moment stehen bleiben, kommen
freundliche Menschen auf uns zu, verwickeln uns in Gespräche, sind neugierig
und gastfreundlich. In der Moschee ist mein Kollege trotz Gebetszeit gern gesehener Gast, während ich auf ihn warte, verwickeln mich zwei arabische Jungs im Hof ins Gespräch. Am Konditor kommen wir nicht vorbei, ohne typische arabische Sweets in die Hand gedrückt zu bekommen.
Vereinzelt teure Autos, ungleich häufiger abenteuerlich wirkende
Eselskarren. Schicke Neubauten sind ebenso zu finden wie abruchreife
Behausungen, die Armut aus allen Poren atmen. Die Zerstörungen der jüngsten Kampfhandlungen, gerade mal einen Monat her, sind ebenso allgegenwärtig im Stadtbild wie die aggressiven Kampfansagen, von islamistischen Gruppierungen mittels sprechender Grafitti oder Poster an Hauswände angebracht. Dazwischen: Auf engstem Raum 1,5 Millionen Menschen, von denen vermutlich die überwiegende Mehrheit versucht, friedvoll das beste aus der schwierigen Lage zu machen und in den Pausen zwischen den grösseren Gewalteskalationen so etwas wie ein normales Leben zu führen ...
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