Er war ein
unorthodoxer Orthodoxer. In seiner Siedlung, Tekoa, nicht weit von Jerusalem
und Bethlehem entfernt, waren nicht alle sehr begeistert von dem prominenten
Nachbarn – als "Dolchstoß in den Rücken unserer Bewegung" empfanden
sie seine Annäherungen an die arabischen Nachbarn. Menachem Froman, im Laufe
seines Lebens vom Hardcore-Siedler zum Friedensbewegten mutiert, betrachtete
die Religion als Schlüssel zum Frieden zwischen Israelis und Palästinensern.
Dafür setzte er sich auch schon mal mit Hamas-Führern an den Tisch oder erklärte
den Palästinensern seine Solidarität bei ihrer UN-Anerkennungskampagne. Am
Montag ist er 68-jährig an seiner langjährigen Krebserkrankung gestorben. Zur
Beerdigung kamen Tausende.
Als "Siedler
der ersten Stunde" eckte der Rabbiner mit seinen ungewöhnlichen Worten an.
Dass viele seiner Nachbarn wenig begeistert über seinen Kontakt zu Arabern waren, quittierte er mit einem milden Lächeln. Er war überzeugt davon, "dass
der Plan Gottes für diesen Landstrich ist, dass wir Juden in der Minderheit
sind". Menachem Froman passte nicht in die üblichen Schubladen im
israelisch-palästinensischen Konflikt. In den 70er Jahren gehörte er zu den
Mitbegründern der nationalreligiösen Siedlerbewegung Gusch Emunim; später
initiierte er Eretz Schalom (Land des Friedens) – eine Siedlerorganisation, die
sich für ein friedliches Zusammenleben von Israelis und Palästinensern
einsetzt. Nachdem er aus Sinai und aus Gaza evakuiert wurde, lebte Froman in Tekoa inmitten von Nachbarn, die mehrheitlich nationalreligiösen
Siedlerbewegungen nahestehen.
"Tekoa
passt eigentlich ganz gut zu mir", sagte Froman mir, als ich ihn vor etwa
anderthalb Jahren zu einem Interview traf, von der Erkrankung schon stark
gezeichnet. Nach biblischer Überlieferung kam der Prophet Amos von hier, "einer
der sozialistischsten Propheten und fundamentalistischer Kämpfer gegen die
'hebräische Arroganz'. Aber nicht unbedingt erfolgreich, von daher bleibt noch
genug Arbeit für mich". Seine angeschlagene Gesundheit hinderte ihn nicht,
dem nachzukommen, was er als seine Aufgabe ansah: "Ich muss für den
Frieden und damit für Gott arbeiten." Fromans Prinzipien dabei waren klar.
Biblisch gesprochen: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Übersetzt in des Rabbiners eigene Worte: "Wenn wir Frieden haben und einen
eigenen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt, müssen wir dafür sorgen, dass die
Palästinenser das auch bekommen. Alles, was uns von Gott gegeben ist, müssen
wir versuchen, auch unseren Nachbarn zu bringen."
Dass umgekehrt
jüdische Siedler ihre Existenzberechtigung in einem Palästinenserstaat haben, hielt
der Rabbiner für eine Selbstverständlichkeit. Für den ersten arabischen
demokratischen Staat sei die "Akzeptanz der jüdischen Minderheit in ihren
Staatsgrenzen" das wichtigste Kriterium. Die meisten Palästinenser, meinte
er, wüssten genau, "dass ihnen 20 Prozent Juden im Staat mehr helfen als
irgendwelche Erklärungen Barack Obamas". Weil sie ein Garant für ein
besseres Lebensniveau als in anderen Ländern der Region seien, "weil Juden
Zustände wie in Libyen oder Syrien nicht akzeptieren würden". Aber
eigentlich war die große Politik für ihn ohne Bedeutung: "Mir ist es egal,
auf welcher Seite der grünen Linie ich bin und ob die israelische oder eine
palästinensische Armee für meine Sicherheit sorgt. Ich bin ein Bürger im Reich
Gottes. Da ist es unwichtig, wer der politische Premier ist!"
(Bild: E. Simanor)
(Bild: E. Simanor)
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