Dienstag, 28. Januar 2014

Gott segne dieses Fitness-Studio


Die Türen zum kleinen Fitness-Studio inmitten des Altstadt-Souks sind verschlossenen. Es ist „Frauenstunde“, wie jeden Tag ab 16 Uhr, und mehr oder minder leicht bekleidet und ohne die übliche Kopfbedeckung schwitzen sie unter Anleitung von Trainer Georges vor sich hin, Musliminnen, Jüdinnen und Christinnen, Einheimische und eine kleine Handvoll Zugereiste. Schon an einem „normalen“ Nachmittag ist die Szenerie in der mit christlichen Graffiti verzierten „Mucki-Bude“ speziell. Dieser Nachmittag ist nicht normal. Eine der Angestellten, Diabetikerin, erleidet einen Zuckerschock, der medizinische Hilfe verlangt. Die eilends herbeigerufenen Sanitäter von der Freiwilligen-Ambulanz „United Hatzalah“ sind schnell zur Stelle. Die verschlossenen Türen öffnen sich und herein kommt ein orthodoxer Sanitäter mit Rettungskoffer. Gerahmt von uns Frauen auf Laufbändern, Trimmrädern und sonstigem Gerät bahnt er sich den Weg zum Notfall im hinteren Teil des Raumes. Minuten später vergrössert sich der Rettungstrupp um ein paar weitere offensichtlich religiöse Vertreter, die sich mit professioneller Effizienz nichts anmerken lassen. Nach eine Viertelstunde schliessen sich die Türen hinter den schläfenbelockten Rettern und ihrer Patientin. Die Angestellte hat den Zwischenfall ohne Schaden überstanden. Es bleibt der Eindruck einer wahrlich surrealen Szene. So möglich vermutlich nur in Jerusalem …
(Bilder: Micha El)

Montag, 27. Januar 2014

Welten

"Papa, was machen die da?" Frage des fünfjährigen Sohnes eines Freundes angesichts von Prostituierten in einer europäischen Grossstadt.
"Mama, was ist ein Checkpoint?" Frage des vierjährigen Sohnes eine Kollegin aus der Westbank.

Montag, 20. Januar 2014

the truth

Palästinensische Arbeiter, Erez-Checkpoint, Gaza
Palästinensische Arbeiter, Checkpoint Bethlehem
"Negotiations are based on facts, on the truth, which is never harmful."
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einer Reaktion auf die Ankündigung der Unesco, eine in Frankreich geplante Ausstellung über die Beziehungen des jüdischen Volkes zum Land Israel abzusagen. Man wolle den Friedensverhandlungen durch eine solche Ausstellung nicht schaden, begründete die Unesco ihren Entscheid.

Mittwoch, 15. Januar 2014

Choreographie

Der Besuch sei "etwas delikat", heisst es als letzte Regieanweisung auf dem Weg zu einem christlichen Sozialprojekt, und die Bischöfe seien, "bei allem Respekt", gebeten, so gut sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren können, unerkennbar zu sein. Kaum beendet der in seiner Rolle sichtlich unwohle Redner seine Ansage, greifen, einer spontanen Choreographie folgend, vier Bischofshände nach dem Kollar. Der weisse Streifen verschwindet in dunklen Anzugtaschen, Hemdknöpfe werden gelockert. Im zweiten Akt des faszinierenden Schauspiels wandern nun die Pektoralien in die Tasche. Die Wirkung ist immerhin derart, dass der Gastgeber des darauffolgenden "delikaten Besuchs" einen Moment lang suchend verweilt, bevor er leicht zögerlich die verwandelten Vier in der Menge ausmacht...