Über Wochen versucht mich der junge Palästinenser aus meiner Nachbarschaft zu einem Drink zu überreden. Immer wieder neue Ausreden meinerseits." Ich brauch Deine Hilfe", sagt er mir schliesslich nach langem Warten. Mir fällt keine neue Ausrede ein. Wir treffen uns am frühen Abend irgendwo in der Altstadt, aber er ist zu unruhig, um irgendwo zu sitzen. Stattdessen laufen wir ziellos gen Westen. Er druckst rum, springt von einem Thema zu andren. Mit seinem Anliegen rauszurücken, kostet ihn augenscheinlich grösste Überwindung. "Du hast doch Freunde in Deutschland", vergewissert er sich bei mir. "Würde eine von Deinen Freundinnen mich heiraten? Ich mein, nur auf dem Papier, für die Aufenthaltsgenehmigung? Ich habe Geld gespart, ich würde sie zahlen!" Ich bin perplex. Mit vielem hatte ich gerechnet. Damit nicht. Wie er sich das vorstelle, will ich wissen. Er zuckt mit den Schultern. Dass ich mir nicht vorstellen könne, dass es Frauen gibt, die sich einfach so auf so etwas einlassen, sage ich. "In Schweden ist das ganz easy, da setzt Du Dich an eine Bar und sprichst Frauen an, die alleine aussehen", erwidert er. Warum dann nicht Schweden, wenn das doch so easy ist, will ich wissen. "Erstens ist es da zu kalt. Zweitens ziehen Dich die Frauen über den Tisch. Sie sagen, Du hast nicht bezahlt, und dann musst du als Sexmaschine arbeiten, bis Du nach zwei Jahren die Scheidung einreichen kannst." Ich habe das Gefühl, im falschen Film zu sein. Wie verzweifelt muss ein junger Mensch sein, wenn er mit solch wirren Gedanken spielt, nur um sein Land gegen ein gelobteres eintauschen zu können?
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