Jerusalem hat seit neuestem eine Strassenbahn. Und auch wenn man zumindest im Innenstadtbereich immer noch zu Fuss schneller ist und auch wenn das zugehörige Zahlsystem noch immer nicht in Betrieb ist - ersteres zum Ärger, letzteres zur Freude der Fahrgäste - sollen auch beim Ticketsystem neue Wege gegangen werden. Die bisher üblichen 10-Einheiten-Streifenkarten für den Bus zum Abknipsen (und alle ähnlichen Abonnements in Papierform) sollen durch schicke neue (und wiederaufladbare) Plastikkarten mit Besitzerfoto ersetzt werden. Nennt sich "Rav-Qaw" (רב-קו) und soll für alle Verkehrsmittel brauchbar sein (so denn dann irgendwann das System läuft).
Um das Gewohnheitstier Mensch zum schnellen Umstieg auf die fortschrittliche Rav-Qaw zu bewegen, haben sich die Beteiligten einen cleveren Schachzug überlegt: "Rav-Qaw" ist kostenlos - sofern man sie in der Einführungsphase ausstellen lässt. Und da beginnt für manch eine(n) das Problem. Schon nur das Antragsformular ist - genau: aussliesslich auf Hebräisch. Im zentralen Busbahnhof weiss schliesslich keiner so recht, welche der vielen Warteschlangen (angesichts der unförmig hin und her drängelnden Menschenmassen ein sehr euphemistisches Wort) nun der Rav-Qaw-Haufen ist. Überall werden grosszügig Wartenummern verteilt, aber nirgendwo gibt es eine Anzeigetafel. Irgendwann habe ich die richtige Menschenansammlung gefunden und mich bis zum Wartenummernverteiler vorgearbeitet - Nummer 440. Etliche Minuten später und knapp einen halben Meter weiter bringt die Frau neben mir in dem Haufen in Erfahrung, welche Nummer gegenwärtig behandelt wird: 90 - bei zwei Kartenausstellern, die nebenbei auch noch jeden Kandidaten vor Ort fotografieren müssen. Derzeit kostenlos oder nicht, meine Geduld reicht an diesem Nachmittag nicht dafür aus und "Rav-Qaw" muss noch ein bisschen warten....
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