Mit einem
unnachahmlichen Mix aus Mustern in verschiedenen Stoffschichten steht sie da.
Auf Socken. Winzig. Kaum eine Handbreit reicht sie über die Chorschranke, den
Rücken vom Alter gebeugt, ein Tuch fest in östlich-bäuerlicher Manier um den
Kopf gebunden. Der Kopf lehnt an den blau-weissen Kacheln, und wären die Arme
länger – sie würde die Säule umarmen. Der kleine Körper streckt sich nach der
Marienikone, dessen Höhe die Finger nur mühsam erreichen. Vom Silber am
Ikonenrand führt sie die Finger an den Mund und zurück an das Metall. Dass
rundherum ein paar Dutzend Seminaristen in roter Chorkleidung durch den
Kirchenraum ziehen, dass goldgewandete Nachwuchskleriker mit mächtigem Schwung
die schellenden Weihrauchfässer in Richtung der Gläubigen schwingen und dann
und wann ein ranghöheres Hierarchiemitglied auf der Suche nach Respektsbekundungen
entlang der Betenden streift – das alles scheint sie nicht einmal wahrzunehmen
in ihrer innigen Anbetung von Mutter und Kind. Auf seinem Weg aus der Sakristei
in die Kapelle streicht ein Priester der Alten energisch über das betuchte
Haupt. Wie in längst vergangenen Zeiten.
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...na toll...jetzt muss ich gleich heulen...es ist tatsächlich so: mich berühren nicht die stätten, mit all ihren ikonen und sonstigen bildern oder gegenständen....mich berührt die hingabe und die ausgedrückte sehnsucht der menschen vor den ikonen und gegenständen...und du hast es mal wieder treffende beschrieben - danke!!!
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