Donnerstag, 30. September 2010

Pedi-Sukkah



Weil viele New Yorker Juden kaum Platz haben, eine Sukkah zu errichten, kam ein 16-Jähriger auf eine pfiffige Idee - die "Pedi-Sukkah". Die Laubhütte auf einen Fahrradanhänger montiert und los geht's... (Bild: Rabbi Uriel Vigler / Ynet-News)

68 aus 600


Die Auswahl habe ihm schlaflose Nächte bereitet, sagt Pierbattista Pizzaballa: Über sechshundert Familien haben sich für die neuen Wohnungen beworben. 68 von ihnen hat der Franziskaner-Kustos mit der symbolischen Schlüsselübergabe glücklich gemacht. Bezahlbaren Wohnraum in und um Jerusalem zu finden, ist schwierig. Manche der Familien warten schon seit fast dreissig Jahren auf diesen Moment. Als "schönsten Moment in ihrem Leben" bezeichnet ein junges Paar mit zwei kleinen Kindern ihr Glück, zu den 68 Auserwählten zu gehören. "Nur vier Jahre" haben sie gewartet.

Die meisten haben von ihrem Glück erst am Vorabend der Übergabezeremonie erfahren und können es noch gar nicht fassen. Mit dem symbolischen Schlüssel in der Hand laufen sie durch den Komplex und suchen "ihre" Wohnung. Da werden Balkone begutachtet, die Aussicht genossen, Küchenschränke getestet - und immer wieder die Appartement-Nummer auf dem Schlüssel kontrolliert. "Ist das wirklich meine Wohnung?"

Dienstag, 28. September 2010

Punkt um Punkt


Manchmal hält dieses Land ganz einfach eine Perle bereit! In der Bethlehemer Geburtskirche seien derzeit ein paar Experten daran, die Dachrenovation vorzubereiten, und zu diesem Zweck werde es heute eine Pressekonferenz geben, steckt mir eine Kollegin. Wann und wo genau, das war nicht in Erfahrung zu bringen. Die Erwartungen waren entsprechend gering, als wir uns am späten Vormittag nach Bethlehem aufmachen.
Auf der Suche nach den Experten laufen wir durch den verwinkelten Bau, steigen in in diverse Grotten und auf das Dach auf der "griechischen Seite". Und treffen schliesslich einen der drei Experten im Café nebenan vor seinem Computer. Halb eins würden seine beiden Kollegen ihre Arbeit wieder aufnehmen, nicht auf dem Dach, sondern in einer der Grotten.

Die Wartezeit verbringen wir damit, auf das Dach der Franziskaner und schliesslich - wo sonst niemand drauf darf (der Kollegin mit ihren zahlreichen Kontakten sei Dank :-) - über zwei schmale Leitern ohne Geländer auf den Glockenturm zu klettern. Staubig, dreckig und verschwitzt kommen wir oben an und werden mit einer genialen Sicht über Bethlehem und die Geburtskirche belohnt.
Um halb eins finden wir auch die beiden anderen Experten in der Grotte. Mittels Laserscan vermessen sie das gesamte Bauwerk von innen und aussen. Während uns der Ingenieur begeistert jedes Detail seiner Arbeit erklärt, sehen wir gleichzeitig in Echtzeit, wie der dreidimensionale Scan sich langsam auf dem Bildschirm aufbaut. Punkt für Punkt erfasst der Scaner den komplexen Bau - am Ende werden es hunderte von Millionen Punkte sein, die ein milimetergenaues 3-D-Modell wiedergeben. Eine echte Punktlandung für uns!



Montag, 27. September 2010

Sonntag, 26. September 2010

Die armenisch-orthodoxe Kirche lädt ein

Zum "vierten ausserordentliches Gebet aller Kirchen für Versöhnung, Einheit und Frieden, angefangen in und ausgehend aus Jerusalem", wie es in der Einladung heisst. Anlässlich der Vesper zu Kreuzerhöhung in ihre St. Jakobskathedrale. Alle Kirchen, das sind jede Menge armenisch-orthodoxe Geistliche, ein griechisch-katholischer Archimandrit, ein römisch-katholischer Weihbischof und der Nuntius, dazu eine vollbesetzte Kirche mit Gläubigen und Neugierigen aller Richtungen.



Der Gottesdienst ist sehr festlich und geprägt von schönen, armenischen Gesängen. Das Liedheft ist auf englisch und das "ausserordentliche Gebet" wird am Abend von verschiedenen christlichen Fernsehsendern ausgestrahlt. Wer aber ein Grusswort, eine Einführung oder Erklärung zu diesem besonderen Gebet erwartet hätte, lag falsch. Wer in dieser Liturgie fremd ist, wird es auch nach der Feier bleiben, und auch die nichtarmenischen Kirchenvertreter schauen dann und wann etwas verloren aus. Kaum ist der Gottesdienst aus, bitten ein paar Armenier die letzten Besucher höflich, aber sehr bestimmt nach draussen und kaum ein paar Sekunden später wird die Tür hinter uns geschlossen. Schade eigentlich, der Weg zu Einheit und Versöhnung könnte sicher auch anders aussehen.

Friedensgespräche

"Despite the historic injustice that has been inflicted upon our people, their desire to achieve a just peace which guarantees the achievement of their national rights in freedom and independence has not and will not diminish, and our wounded hands are still able to carry the olive branch from the rubble of the trees that the occupation uproots every day."
Mahmoud Abbas vor der Uno-Vollversammlung, Samstag, 25. September 2010

New Yorks schönste Laubhütten

Union Square's High-Concept Sukkahs from Jewish Forward on Vimeo.

Kampf der Weihrauchfässer


Samstagabend kurz nach elf. "Wachablösung" in der Grabeskirche. Herrisch schreitet der griechisch-orthodoxe Geistliche weihrauchfassschwingend auf den ebenfalls sein Weihrauchfass schwenkenden armenisch-orthodoxen Geistlichen zu. Die an beiden Gefässen befestigten Schellen markieren auch akustisch das jeweilige Terrain. Wie Platzhirsche beräuchern sich die beiden gegenseitig, bevor der Armenier eilig seine Runde in und ums Grab dreht. Auf der anderen Seite wartet bereits der Kopte, das Weihrauchfass in der linken Hand in Startposition. Nach dem Armenier schreitet auch er seine Runde, bevor schliesslich der Grieche wieder an der Reihe ist und quasi als letzter seine Weihrauch-Duftmarke setzt. Ein bizarres Schauspiel, das für Aussenstehende durchaus Ähnlichkeit mit Hahnenkämpfen haben könnte.


Donnerstag, 23. September 2010

Palästinenser in die Uno

Ginge es nach Barack Obama, könnten die Palästinenser schon in einem Jahr in die Uno aufgenommen werden. Der Haken an der Sache: Vorher müssen die Friedensgespräche mit Israel erfolgreich sein. Wonach es ja momentan nicht unbedingt aussieht ...

Mittwoch, 22. September 2010

Es grummelt

Ein erschossener Palästinenser in Silwan, brennende Container, zerstörte Busse, Unruhen am Tempel- und am Ölberg, mehrere Verletzte, ein riesiges Polizeiaufgebot und ständig über der Altstadt kreisende Hubschrauber. Teile der Altstadt sind wie verwaist, was aber wohl auch dem beginnenden Sukkot-Fest zuzuschreiben ist. Aber auch wenn am Abend die Lage wieder ruhig zu sein scheint, bleibt die Spannung spürbar und zeigt, wie schnell sich hier die Situation verschärfen kann.
Jerusalem Post

Dienstag, 21. September 2010

Festvorbereitungen


Mit dem Ende von Jom Kippur beginnen die Vorbereitungen für das nächste Fest: Sukkot (Laubhüttenfest). Auf Privatgrundstücken, aber auch auf öffentlichen Plätzen und vor Cafés entstehen die Laubhütten. Vor dem jüdischen Souk bieten Händler in einem grossen Verkaufszelt die vier Bestandteile des Feststrausses feil: Dattelpalmzweige (Lulav), Myrtenzweige (Hadassim), Bachweiden (Arawot), und eine Zitrusfrucht namens Etrog.

Wer es nicht so eng sieht, kauft ein bereits fertig abgepacktes "Lulav-Kit". Für viele scheint der Kauf jedoch eine ernste Angelegenheit. Fasziniert beobachte ich, wie vor allem orthodoxe Juden eine halbe Ewigkeit damit zubringen, andächtig den richtigen Etrog auszuwählen oder die Blätter des Palmzweigs Millimeter für Millimeter genau zu begutachten - manche mit einer Lupe in der Hand. Die Kriterien erschliessen sich mir jedoch nicht.


Meine anfänglichen Bedenken beim Fotografieren erweisen sich als völlig unbegründet – zwei Frauen verwickeln mich in ein Gespräch, und als sie mit Englisch nicht mehr weiter kommen, wird einfach ein "Dolmetscher" gesucht. Ein Orthodoxer gibt mir Tipps für bessere Makroaufnahmen und lässt sich begeistert meine Photos zeigen. Ob ich nur photographiere oder nicht auch etwas kaufen will, scherzt einer der Verkäufer. Nach den richtigen Auswahlkriterien befragt, erklärt er mir mit Hingabe die Besonderheit jedes einzelnen Bestandteils. Das mittlere Blatt des Palmzweigs etwa darf möglichst nicht geöffnet sein. Ist es über eine bestimmte Länge hinaus offen, so ist der Zweig nicht koscher. Bei der Zitrusfrucht gilt, je weniger uneben sie an der Spitze ist, desto besser. Kratzer, Flecken oder Beschädigungen sind ganz schlecht.

Jede Zutat des Strausses steht für einen Typ Menschen, bekomme ich zu hören. Die Weidenzweige haben weder Geschmack noch Duft. Sie stehen für Menschen, die weder Weisheit noch gute Taten haben. Die Myrte duftet, schmeckt aber nicht: gute Taten, aber keine Weisheit. Umgekehrt die Dattelpalme. Der Etrog schliesslich vereint beides – Geschmack und Duft. In den Feststrauss gehören alle vier, erklärt mir der junge Mann, als Zeichen dafür, dass alle zusammen eine Einheit bilden und zusammengehören. Fehlt eine Art, dann stimmt etwas nicht. Einmal täglich (ausser am Schabbat) wird der Strauss geschüttelt – der Etrog wird dann neben den Arawot gehalten, auf dass die guten Eigenschaften abfärben mögen.

Ich bin eine Laubhütte

Montag, 20. September 2010

Körpersprache

Wie erklärt man einem arabischen Schneider, dass man den Berg Stoff zu einer Tischdecke umgenäht haben will, wenn die gemeinsame sprachliche Basis aus je drei Brocken arabisch und englisch besteht? Jedenfalls muss die gestenreiche Erklärung für Passanten einen gewissen Unterhaltungswert gehabt haben. Aber immerhin: Das Ergebnis kann man durchaus gelten lassen!

Sonntag, 19. September 2010

Ruhe für ein Jahr

Mein Mitbewohner hat mir freundlicherweise seinen heutigen Termin bei der Visa-Stelle des Innenministeriums überlassen. Mit dem Termin eines anderen einfach am Schalter erscheinen? Nichts da - wo kämen wir denn dahin? Wenn das jeder täte ... Bei derart geballter Unfreundlichkeit gute Miene zum bösen Spiel zu machen, ist gar nicht so einfach, aber alles andere endete vermutlich im Desaster. Also mit dem "fremden" Terminzettel zurück ins Terminvergabebüro, brav bitte bitte machen, dass man doch diesen freigewordenen Platz einnehmen dürfe. Ein Telefonat mit dem eigentlichen Termininhaber - schliesslich muss dieser ja bestätigen, dass ich mir seinen Terminzettel nicht unrechtmässig angeeignet habe - und dann wieder zum Schalter, nochmals anstellen, nochmals warten. Immerhin, zehn Minuten später und 330 Schekel ärmer, bin ich im Besitz meines Jahresvisums und darf nun endlich das offiziell tun, was ich eigentlich schon seit 1. September mache: Arbeiten.

Und weils so schön war, die zweite bürkratische Prozedur gleich hinterher - dann müsste ja eigentlich Ruhe sein für ein Jahr. Dachte ich. Wieder mal ein Trugschluss. Denn: Auch wenn mein Visum für 12 Monate gilt, wird die Pressekarte nur für den Rest des laufenden Jahres ausgestellt. Im Klartext: Im Januar darf ich noch mal hin ...

Samstag, 18. September 2010

Jom Kippur, Teil 2


Nach dem Auftakt zu Jom Kippur in Mea Shearim heute der Abschluss des Festes in der Grossen Synagoge: Wesentlich westlicher, aber nicht weniger feierlich. Die dominierende Farbe ist weiss, was - zusammen mit den oft kunstvollen Hüten und Kopfbedeckungen der Frauen und den beeindruckend schönen Gesängen - den festlichen Charakter des Gottesdienstes unterstreicht. Wenn die Männer nicht alle einen Talit und eine Kippa trügen (und man es nicht besser wüsste), könnte man sich vom Raum, der Kleidung und dem Habitus in einem Opernhaus wähnen. Aber wir wissen es ja besser.
Anders als in Mea Shearim ist die Gemeinde hier an Besucher von aussen gewöhnt und insgesamt nicht so homogen, so dass man als fremder Gast kaum Aufmerksamkeit erregt. Englisch ist zweite Verkehrssprache, viele haben zweisprachige Gebetbücher, so dass man mit dezenten Blicken nach rechts und links der Feier gut folgen kann. Und der ganz grosse Vorteil für mich als Frau: Die Empore ist offen. Kein Sichtschutz versperrt die Sicht auf das eigentliche Geschehen!
Mit dem Ertönen des Schofar endet Jom Kippur und beginnt die Vorbereitungszeit des nächsten Festes, Sukkot. Es dauert nur wenige Minuten, bis auf den Strassen der Verkehr wieder fliesst, die Ampeln wieder angeschaltet sind und die ersten Handys wieder klingeln. Schade eigentlich, Jerusalem ganz ohne Autos hat durchaus seinen Reiz.

Modern Art in Mamilla

Fremde Welten


Jom Kippur, Gemälde von Maurycy Gottlieb (Foto: Jim Trodel)
Wie gerne hätte ich die Kamera zur Hand gehabt, aber schon an "normalen" Tagen ist Fotografieren im ultraorthodoxen Mea Shearim nicht unproblematisch. An Jom Kippur und Schabbat ist nicht mal dran zu denken. Die kleine Gruppe, der ich mich anschliesse bei dem Versuch, den höchsten jüdischen Feiertag in einer ultraorthodoxen Synagoge zu feiern - ein paar Studentinnen und ein Student vom Studienjahr, ein befreundeter Priester - ist kaum wiederzuerkennen. Die Frauen stecken in bodenlangen Röcken, Arme bis zum Handgelenk bedeckt, einige haben sogar ihre Haare bedeckt. Die beiden Männer setzen, kaum dass wir aus dem arabische Viertel heraus sind, eine Kippa auf. Neugierig, aber auch verunsichert betreten wir Mea Shearim, im Kopf die Geschichten von steineschmeissenden Ultraorthodoxen.
Aber in der "Abraham und Isaak"-Synagoge werden wir freundlich empfangen. Wir Frauen schlüpfen durch den Hintereingang auf die Empore, einem nüchternen Raum mit an Schulbänke erinnernde Sitzgelegenheiten. Die Sitzbänke, das zeigen die kleinen Zettel an der Rückenlehne, sind alle vermietet. Eine aus Metallbändern enggewebte Barriere lässt nur kleine Spalte, von denen frau auf das für die Männer reservierte Erdgeschoss schielen kann.
Reges Treiben
Eine Stunde vor Beginn des Gottesdienstes füllt sich die Synagoge. Der Lärmpegel ist hoch, unten wie oben herrscht reges Treiben. Trotz grösster Mühe, die wir uns mit unsrer Kleidung gegeben haben, sind wir klar erkennbar "nicht von hier" und ziehen Aufmerksamkeit auf uns. Eine Studentin wird von einer älteren Frau beschimpft, sie solle nach Hause gehen und sich ordentlich anziehen. Ein Tuch um die Schultern regelt das Problem, und eine junge Frau erklärt uns auf Englisch, so seien wir herzlich willkommen. Englisch sprechen hier nur die wenigstens, besser kommt frau mit Deutsch ins Gespräch - die Antworten kommen dann auf Jiddisch. Wir werden gefragt, woher wir sind, eine Frau besorgt uns zwei Gebetbücher und ein paar andere schieben extra für uns eine weitere Sitzbank in den Raum.

Eine Hinweistafel am Eingang des Viertels bittet um angemessene Kleidung
Plötzlich hängen die Frauen in Trauben an der Sichtbarriere und versuchen, durch die schmalen Schlitze einen Blick auf das Geschehen unten zu erhaschen. Mit heiserer Klage beginnt der Rabbi unten den Gottesdienst. Oben hört man davon wenig - die Klimaanlage ist lauter. Während die Thora im Raum der Männer herumgetragen wird, herrscht unten fast ekstatische Stimmung, laute Gebete dringen nach oben. Bei den Frauen, ist es sehr viel ruhiger. Umkehr, Reue und Versöhnung werden an Jom Kippur gefeiert. Bei manchen Frauen ist das Gebet so emotional und innig, das sie vom Weinen geschüttelt werden und sie ihr Gesicht fest in das Buch pressen.
Es spielt!
Nach drei Stunden verlassen wir den Gottesdienst, der noch mindestens zwei Stunden weitergeht, nur um am frühen Morgen weitergeführt zu werden. Der Anblick draussen ist völlig unerwartet: Der Vorraum ist überfüllt mit Müttern, die ihre Babys stillen und wickeln. Draussen sieht es aus, als habe ein Kinderwagenhersteller seine gesamten Modelle ausgestellt. An die fünfzig Kinderwagen und mindestens dreimal soviele Kinder warten vor der Synagoge auf ihre Mütter. Die Grossen schauen auf die Kleineren, die sich um die Kleinsten kümmern. Und alle vertreiben sich die Zeit mit Spielen. Die Mädchen springen mit einer bewundernswerten Ausdauer und Kreativität Seil, spielen Fangen oder Schere-Stein-Papier. Die Jungs klettern derweil über die parkenden Autos und nutzen dann und wann ein Autodach als Trampolin. Es spielt!

Donnerstag, 16. September 2010

Busfahren Lektion 1-3

Eigentlich ist Israel durch ein gutverzweigtes Egged-Busnetz gut erschlossen. Schwierig wird es nur, wenn man a) ortsunkundig und b) auch noch des Hebräischen nicht mächtig ist. Wenn man Glück hat, ist die Rückseite der hebräischen Tafel mit den Buslinien auch auf Englisch beschriftet. Dann findet man dort immerhin die Busliniennummer mit ihrem Endziel. Fahrpläne? Routenplan? Fehlanzeige! Die findet man (immerhin auch auf Englisch) nur auf der Internetseite des Busunternehmens. Möglicherweise bekäme man auch eine hebräische Papierversion in einem offiziellen Egged-Büros... Im Online-Fahrplan findet man dann den Hinweis, dass die Abfahrtszeit des Busses je nach Verkehr variieren kann. Im Klartext: Ist der Verkehr wider Erwarten flüssig genug, fährt der Bus auch schon mal ein paar Minuten eher - und einem vor der Nase weg. Der nachfolgende Bus hat dafür unter Garantie Verspätung!
Hat man also den richtigen Bus an der richtigen Haltestelle ausfindig gemacht, drängelt man sich mit allen anderen mit möglichst viel Körpereinsatz hinein - das kann schon mal ein paar Minuten dauern, denn so gut wie alle kaufen den Fahrschein beim Fahrer; Fahrscheinautomaten an den Haltestellen gibt es nicht. Sollte man eine Überlandfahrt im Sinn haben, darf man locker eine Viertel- bis Halbestunde einplanen, um an der zentralen Busstation vom Eingang bis zum Bussteig zu kommen - alles Gepäck und jede einlasserbittende Person werden sorgfältig kontrolliert. Eine Sicherheitsmassnahme, die am Umsteigebahnhof gleich noch einmal wiederholt wird, denn es könnte ja sein, dass man unterwegs (auch wenn der Bus überhaupt keinen Zwischenhalt im Fahrplan hatte) etwas Sprengstoff oder unerlaubte Waffen in das im Gepäckraum verstaute Gepäck geschmuggelt hat.
Verkehrsregel Nummer 1 - gilt für Busse, Taxi sowie anscheinend für jedes vierrädrige Vehikel überhaupt: Wer schaltet, hat verloren! Von Jerusalem kommend auch kein Problem, schliesslich geht es bergab. Die richtigen Fahrkünstler beweisen sich aber im Anstieg nach Jerusalem. Auch da wird eisern im höchsten Gang durchgehalten, wenn es auch nur noch im Schneckentempo vorangeht... Und ist der Motor leider abgewürgt, so fahre man, ohne die Gangschaltung eines Blickes oder gar Kontaktes zu würdigen, im immer noch höchsten Gang wieder an. Die Regel behält auch dann ihre Geltung, wenn der Bus in der letzten Kurve vor dem Hauptbahnhof auf steiler Strecke endgültig verreckt. Irgendwie kann man sich schliesslich auch so zur nächsten Haltestelle hoppeln - und kurzerhand alle Passagiere von Bord werfen.

IKEA auf Israelisch


Mittwoch, 15. September 2010

Aspirin

"You're german?", fragt mich der orthodoxe Geistliche, während ich vor dem Blumenladen auf den Franziskanerpater warte, der den Ersatzschlüssel zu meiner Wohnung haben soll. "I love german people", sagt er und läd mich zu sich nach Hause (geht ja nicht, ich muss schliesslich auf den Schlüssel warten). Also leistet er mir Gesellschaft und verkürzt die Wartezeit.
"Die Deutschen", erklärt er mir, sind wunderbar, weil sie so intelligent sind und so gute Denker. Und schliesslich sei es ein Deutscher gewesen, der für die humanste aller Erfindungen verantwortlich ist: Aspirin. Er rattert Zahlenstatistiken runter, wievielen Menschen weltweit diese Erfindung seit über hundert Jahren das Leben erleichtert oder - im Fall von Herzproblemen - sogar rettet. Nebenbei erklärt er mir, er sei, bevor er Kleriker wurde, Arzt und Chemiker gewesen. Und lädt mich noch ungefähr fünf weitere Male zu sich ein. Beyer sei Dank! Der Schlüssel ist allerdings bis jetzt nicht aufgetaucht...

Dienstag, 14. September 2010

Kreuzerhöhung

Die Grabeskirche ist mit all den Pilgern und Touristen, die ständig durch die unzähligen Kapellen wuseln, kein einfacher Ort. Aber wenn die Orgel erklingt, kann man schon mal Gänsehaut bekommen.

Seelsorger in unsren westlichen Landen können von dem Aufkommen an Gottesdienstbesuchern nur träumen. Bereits eine halbe Stunde vor Beginn der Messe zu Kreuzerhöhung sind alle Sitzplätze besetzt und die Ordensschwester, die die undankbare Aufgabe hat, die immer noch strömende Masse in geordnete Bahnen zu lenken, kann einem herzlich leid tun: Ständig tanzt eine(r) aus der Reihe, um ein Photo zu machen oder sich für einen Moment auf die für die Konzelebranten reservierten Plätze zu setzen - nur um sofort wieder aufgescheucht zu werden. Einmal mehr bin ich froh um den Status "Presse", der mir etwas Bewegungsfreiheit rund um mich herum verschafft...


Sonntag, 12. September 2010

Jerusalem-Syndrom

Das Jerusalem-Syndrom scheint auch vor Juden nicht halt zu machen. Einem "befallenen" Exemplar bin ich vorhin beim Einkaufen in die Fänge gegangen. Unsre Konversation begann mit dem üblich-harmlosen Wohin-Woher-Warum. Aber als Israel (so hat er sich vorgestellt) mitbekam, dass ich Journalistin bin, gab es kein Halten mehr. Ich solle doch über ihm schreiben, er habe direkte Connections zum Prime Minister, auch wenn er nicht so aussähe (tat er wirklich nicht!).
Als ich im sagte, da müsse ich ihn enttäuschen, denn ich schriebe nicht über Politisches, sondern über Religion, kam Israel so richtig in Fahrt. Dann könne ich erst recht über ihn schreiben, denn er sei auch ein bekannter religiöser Führer (von wem oder was, die Antwort ist er mir leider schuldig geblieben), und zwar ein sehr unkonventioneller. Und ein Heiler noch dazu, wen er berührt, der wird gesund. LEIDER hatte ich zum Einkaufen weder Visitenkarten noch Natel eingesteckt, dessen Nummer ich überdies auch LEIDER gerade nicht auswendig wusste. Und die weiteren Karrieren des Israel habe ich leider verpasst, weil ich endlich an der Reihe war mit zahlen.

Wadi Qelt

Es kostet einiges an Überwindung, morgens um 4 Uhr aufzustehen und durch die noch schlafende Stadt zu laufen. Nach einigem Suchen finde ich auch den Parkplatz, an dem der Bus nach Ein Qelt abfährt. Um kurz nach halb sechs geht es - noch im Dunkeln - zu Fuss und mit etlichen Litern Wasser beladen los in Richtung Wadi Qelt.


Wenig später färbt sich der Himmel rot, noch ein paar Minuten später ist es hell, aber noch erträglich kühl (was sich in einer guten Stunde definitiv ändern wird).

Einmal im eigentlichen Flussbett angekommen, ist es trotz Hitze und Wüste hier und da erstaunlich grün und lebhaft. Und Überreste von Krebsen und Co. bezeugen, dass hier tatsächlich manchmal Wasser fliesst.


Gegen 10 Uhr taucht das Georgskloster auf. Der Mönch, der Kirche und Souvenirladen bewacht, ist irgendwie "typisch griechisch-orthodox", d.h. recht muffelig und wirsch. Nach ein paar Minuten Kirchenbesichtigung werden wir relativ undiplomatisch vor die Tür gesetzt. Dies sei ein Kloster, kein Hotel - offenbar haben wir in der Kirche nicht inständig genug gebetet ...

Hinter dem Kloster verlässt der Weg das eigentliche Flussbett und führt auf halber Höhe und folglich nun ganz ohne Schatten weiter bergab Richtung Jericho. Der Abstieg auf der Schotterpiste ist recht rutschig und nicht immer einfach.

Aber schliesslich taucht doch irgendwann Jericho in Sichtweite auf ...

Freitag, 10. September 2010

Shana Tova, Eid mubarak


عيد مبارك - שנה טובה
Hohe Feiertage bei Juden uns Muslimen lassen Jerusalem in einem ganz anderen Licht erscheinen. Die Altstadt ist wie leergefegt, die allermeisten Geschäfte sind geschlossen, und selbst die Kleinsten sind für die Feste rausgeputzt. Dort, wo sich sonst Busse und Autos stauen, ist auf einmal Platz für Pferderennen.

Vorbereitung für Rosh Hashana

Donnerstag, 9. September 2010

Man muss nur kreativ sein ...

Auch Gaza hat jetzt ein Tschu-Tschu (gesehen bei Ma'an)