Dienstag, 21. September 2010

Festvorbereitungen


Mit dem Ende von Jom Kippur beginnen die Vorbereitungen für das nächste Fest: Sukkot (Laubhüttenfest). Auf Privatgrundstücken, aber auch auf öffentlichen Plätzen und vor Cafés entstehen die Laubhütten. Vor dem jüdischen Souk bieten Händler in einem grossen Verkaufszelt die vier Bestandteile des Feststrausses feil: Dattelpalmzweige (Lulav), Myrtenzweige (Hadassim), Bachweiden (Arawot), und eine Zitrusfrucht namens Etrog.

Wer es nicht so eng sieht, kauft ein bereits fertig abgepacktes "Lulav-Kit". Für viele scheint der Kauf jedoch eine ernste Angelegenheit. Fasziniert beobachte ich, wie vor allem orthodoxe Juden eine halbe Ewigkeit damit zubringen, andächtig den richtigen Etrog auszuwählen oder die Blätter des Palmzweigs Millimeter für Millimeter genau zu begutachten - manche mit einer Lupe in der Hand. Die Kriterien erschliessen sich mir jedoch nicht.


Meine anfänglichen Bedenken beim Fotografieren erweisen sich als völlig unbegründet – zwei Frauen verwickeln mich in ein Gespräch, und als sie mit Englisch nicht mehr weiter kommen, wird einfach ein "Dolmetscher" gesucht. Ein Orthodoxer gibt mir Tipps für bessere Makroaufnahmen und lässt sich begeistert meine Photos zeigen. Ob ich nur photographiere oder nicht auch etwas kaufen will, scherzt einer der Verkäufer. Nach den richtigen Auswahlkriterien befragt, erklärt er mir mit Hingabe die Besonderheit jedes einzelnen Bestandteils. Das mittlere Blatt des Palmzweigs etwa darf möglichst nicht geöffnet sein. Ist es über eine bestimmte Länge hinaus offen, so ist der Zweig nicht koscher. Bei der Zitrusfrucht gilt, je weniger uneben sie an der Spitze ist, desto besser. Kratzer, Flecken oder Beschädigungen sind ganz schlecht.

Jede Zutat des Strausses steht für einen Typ Menschen, bekomme ich zu hören. Die Weidenzweige haben weder Geschmack noch Duft. Sie stehen für Menschen, die weder Weisheit noch gute Taten haben. Die Myrte duftet, schmeckt aber nicht: gute Taten, aber keine Weisheit. Umgekehrt die Dattelpalme. Der Etrog schliesslich vereint beides – Geschmack und Duft. In den Feststrauss gehören alle vier, erklärt mir der junge Mann, als Zeichen dafür, dass alle zusammen eine Einheit bilden und zusammengehören. Fehlt eine Art, dann stimmt etwas nicht. Einmal täglich (ausser am Schabbat) wird der Strauss geschüttelt – der Etrog wird dann neben den Arawot gehalten, auf dass die guten Eigenschaften abfärben mögen.

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