Donnerstag, 27. November 2014

Das andere Gaza

"The other Gaza, about which you will not hear on the news, is trying to remain sane in any way it can. It speaks poetry, writes prose, tells stories and holds art exhibitions. The city's performers get up on stage – albeit a small one, without an audience of thousands, but applause rings out nevertheless. The other Gaza makes movies – albeit short ones, just like its stretch of coastline, but grassroots movies that reflect the reality of the city nevertheless.
The other Gaza dreams just like other cities do. There, too, is a young boy who dreams of playing soccer in Europe, and another who dreams of winning a Nobel Prize, an actor who aspires to make it to Hollywood, a girl who wants to be Miss Universe, and a student who wants to register patents."
Es gibt es, ein anderes Gaza, schreibt Atef Abu Saif (Ynet-News, 27. November). Nicht das Untergrund-Gaza der Hamas, von dem seit dem Sommer immer wieder zu lesen war. Ein Gaza jenseits von Krieg und Zerstörung, Extremismus und Besatzung. Ein Gaza mit ganz normalen Träumen und Träumern.
Was ist besser, Gaza oder Beit Jalla, hat bei unsrem letzten Gazabesuch jemand eine der Ordensschwestern gefragt. Gaza, keine Frage. Die Antwort kam ohne Zögern. Gaza ist etwas ganz besonderes, die Gemeinschaft ist einzigartig, pflichtet eine Mitschwester ihr bei. Dieses Gaza ist schön!

Dienstag, 25. November 2014

Lebenslänglich

"We must understand even if we don’t want to: We have been sentenced to live together. If there are no good neighborly relations between Moshav Hagor and Qalansawe, there will never be good relations between Qalqilya and Kfar Saba. We don't have to hug each other all day. Israel has chilly peace agreements with Egypt and with Jordan, but there are no wars and no casualties. That's what we need."
Eitan Haber, Ynet-News (24. November)

Donnerstag, 20. November 2014

Immer palästinensisch

"Terror is always Palestinian, even when hundreds of Palestinian civilians are killed. The name and face of Daniel Tragerman, the Israeli boy killed by mortar fire during Operation Protective Edge, were known throughout the world; even U.S. President Barack Obama knew his name. Can anyone name one child from Gaza among the hundreds killed?"
Gideon Levy, "In Israel, only Jewish blood shocks anyone", Kommentar für "Haaretz" (http://www.haaretz.com/opinion/.premium-1.627369)

Mittwoch, 19. November 2014

Buss- und Bettag in Jerusalem



"Es ist Zeit für 'Heshbon nefesh', für die Buchhaltung der Seele. Warum sind wir an diesen Punkt gelangt? Für wie lange noch? Und was muss noch passieren?"
Scheich Samir Assi, Imam der Al Jazaar Moschee in Akko, bei einem interreligiösen Solidaritätsbesuch in der Jerusalemer Kehilat Bnei Torah-Synagoge, die am Dienstag Schauplatz eines blutigen Attentats mit fünf Toten wurde.

Gruselige Zeiten

"Gruselige Zeiten stehen an für die Palästinenser in Jerusalem. Schon jetzt heisst es für sie, sich zu sputen, wenn es wieder einen Anschlag mit jüdischen Opfern gegeben hat und der Zorn der Leute gefährlich werden könnte. Oft ist es mit bösen Blicken und Beschimpfungen von Passanten getan. Oft kommt es aber auch zu Gerangel und Schlägereien. Wie schnell kann da auch mal eine Kugel abgefeuert werden, schon gar, wenn man den Richter nicht fürchten muss? Der Aufruf zur Bewaffnung gilt dem Selbstschutz bei Terroranschlägen, nicht der Rache. Doch in so aufgeregten Zeiten wie diesen sitzt der Finger locker am Abzug."
Der Aufruf der israelischen Behörden, die Bevölkerung solle sich bewaffnen, macht die Palästinenser im Land zu Freiwild und schürt neue Gewalt, meint die Journalistin Susanne Knaul. In ihrem "Tages-Anzeiger"-Kommentar "Wilder Westen in Jerusalem" (18. November) plädiert sie stattdessen dafür, den Palästinensern, "die heute mit unerträglicher Leichtigkeit den Freitod wählen", Hoffnung zu geben.

Montag, 17. November 2014

Gegen den Mainstream

Eigentlich ist es eine hoffnungsvolle Szene inmitten dieser Wochen voller Gewalt: Eine kleine Gruppe junge und nicht so junge Erwachsene und ein paar Kinder haben sich versammelt und werben still mit selbstgemalten Plakaten für friedliches Zusammenleben "aller Kinder Jerusalems". Die Passanten nehmen kaum Notiz von der kleinen Gruppe mit Namen "Kids4Peace". Den Wachleuten aber sind ist sie ein Dorn im Auge. Zwar brauchen Versammlungen von weniger als fünfzig Personen in Israel keine Genehmigung. Aber der Schauplatz der Szene, jene schicke Einkaufsstrasse "Mamilla", die Westjerusalem mit der Altstadt verbindet, ist Privatgrund. Hier bestimmt der Besitzer die politische Linie. Für die "Kinder für den Frieden" heisst das an diesem Abend: Platzverweis. Stille Aufrufe gegen die Gewalt unerwünscht. Erwünscht oder doch zumindest toleriert hingegen ist jener Mitvierziger, der, tagaus, tagein, mit Shirt in den Nationalfarben Weiss und Blau, mit lauter Stimme und amerikanischem Akzent in derselben Einkaufsstrasse Unterschriften für Jerusalem als die "ewige und ungeteilte Hauptstadt Israels" sammelt.
Die spontane Versammlung, Reaktion auf die jüngste Gewalt in Jerusalem, verlagert sich auf öffentlichen Grund – den Bürgersteig an der Hauptstrasse – und provoziert einen kleinen Polizeieinsatz. Man einigt sich darauf, dass die Friedenskinder einen Durchgang für Passanten freilassen, und tatsächlich stoppt in der kommenden Stunde nur noch einmal ein Polizeiwagen vor den Aktivisten. Es sind Tage wie diese, die ihn in seinem Engagement für "Kids4Peace" bestärken, sagt Mohammed, Tage, an denen "die Erfahrung des schwierigen Zusammenlebens nicht sehr angenehm" ist.
Eine Woche später, ein paar Schritte von Mamilla entfernt, am Jaffator zur Altstadt: Statt stiller Mahnwache ist es diesmal ein Friedensgebet, statt den "Kids4Peace" ist es die Gruppe "Tag Meir" ("Schild des Lichts"), die ausspricht gegen die Gewalt und für den Frieden in der Stadt. Statt dem privaten Sicherheitsdienst ist es die Polizei, die die Gruppe des Platzes verweist und einmal mehr deutlich macht: Jene, die in Frieden und Harmonie zusammenleben wollen, sind nicht nur in der Minderheit. Die Mehrheit setzt auch alles daran, dies zu verhindern. Wer in Jerusalem aktiv für Frieden wirbt, braucht ein dickes Fell.
(Bilder: MAB)

Mittwoch, 12. November 2014

Dialog der Tauben

"Es sind nicht nur Juden gegen Araber. Es sind die Orthodoxen gegen jene, die nicht denken, dass sie alle 613 Gebote der Bibel halten können. Es sind reiche Menschen gegen arme Menschen. Irgendwann kam etwas über Israel, so dass jeder seine eigenen Ideen hat – und jeder andere ein Feind ist. Es ist ein Dialog der Tauben, und es wird immer ernster."
Der amerikanische Journalist und mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Buchautor David Remnick zitiert in seinem "Brief aus Jerusalem" (Online-Ausgabe des am 17. November erscheinenden Wochenmagazins "The New Yorker") den israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin aus einer gemeinsamen Konversation. Der Konservative Rivlin, so Remnick, spreche aus für Zivilisation – und zahle einen Preis.

Dienstag, 11. November 2014

Not the only player

"In order to understand what is happening here one must recognize the fact that these extreme acts of violence are not disconnected from, say, the cabinet’s recent decision to support automatically extending Israeli law to settlements in the West Bank. These acts of violence are not disconnected from the decision to forbid Palestinians from riding on the same buses as settlers. They are not disconnected from contingency plans for the expropriation of thousands of acres of land in the West Bank in order to pave apartheid roads, from allowing settlers to take over Palestinian homes or from the collective punishment imposed on residents of East Jerusalem.
Making these connections is in no way intended to justify today’s stabbing attack, or any other act of violence. But making these connections allows us to understand a crucial point: Israel cannot continue to act as if it is the only player in the game, while at best totally ignoring the Palestinian side and at worst continuing to oppress and dispossess, all the while expecting everything to be business as usual. If the rules of the game as they are written by Israel are 'take all you can' – through land expropriation, settlement building and legislation — then the Palestinian version will be 'strike back as hard as you can.' This, of course, is a disastrous course for both sides."
Orly Noy prophezeit Israel und Palästina gemeinsamen Untergang oder gemeinsame Rettung (+972-Magazin, 11. November)

Montag, 10. November 2014

Mesusot küssen

"It's easy to blame the right-wing politicians who are instigating a war over this crazy hill, but they're not the main ones to blame. In a society where the number of people kissing mezuzahs constantly rises, where religion and state are bound in a mixture of folklore and hatred of others, right-wing politicians know that their actions will benefit them politically."
Es sei verrückt, Ereignisse, die vor Tausenden von Jahren geschehen sein könnten, mit der aktuellen politischen Realität zu verbinden, meint Gideon Levy, "The Temple Mount: Israel's tale of loons and darkness", Haaretz (9. November).

Rechtsstaat

"Zionismus ist der Holocaust der jüdischen Nation", Plakat in Mea Shearim

"Tod den Zionisten", Graffiti in Mea Shearim

"Teilnahme an den Wahlen verboten", Graffiti in Mea Shearim
"Israel is a nation of law. Whoever violates the law will be punished severely. (...) I have instructed the Interior Minister to use all means, including evaluating the possibility of revoking the citizenship of those who call for the destruction of the State of Israel."
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (9. November)

Sonntag, 9. November 2014

the language we speak

"In keeping silent in the days leading up to murder of Rabin we had sinned. (...) Almost two decades have past since, but violence has not desisted. It's inside us, rearing its head and towering over us, claiming its place. (...) Violence is present not just at schools, on social media and on football pitches: it's inside us. It's in the language we speak, our choice of words, manner of arguing, in our inability to lend an ear."
Die Sprache der Gewalt reisse Israel in den Abgrund, beklagte Präsident Reuven Rivlin am Samstag bei einer Gedenkveranstaltung für den 1995 ermordeten Premierminister Jitzhak Rabin (i24-news, 8. November)

Freitag, 7. November 2014

Joint Intifada

"Jerusalem does need an intifada however. It needs the young generation of secular and modern Orthodox and Haredi and Palestinian communities to get together and demand that both sides stop treating the city as a hostage to political fortune. It needs an intifada of shared radical protests for affordable housing, decent schools and employment (...)
Jerusalem can’t wait. The only hope for the city is for its residents to get together, ignore their politicians and begin to work on a joint future. The politicians on all sides have failed our city. Maybe one day they will get around to marking borders and solving sovereignty issues; meanwhile, we have to live here."
Wenn es keinen politischen Willen für eine endgültige Lösung gibt, könnte man wenigstens damit anfangen, sich zusammen für ein besseres Funktionieren Jerusalems einzusetzen, findet Anshel Pfeffer (Haaretz, 7. November)

Donnerstag, 6. November 2014

Blind date mit Jerusalem

"The myth was wrong even before the paratroopers got to the Western Wall in June 1967. It was already wrong before the war, when Naomi Shemer's song 'Jerusalem of Gold' described the Old City as being empty, waiting for the Jewish people to come back to it.
But the city isn't the myth. It's entirely more human, complicated and contradictory, which is its real beauty. If someone set you up with a blind date who was supposedly an enchanted princess or prince and a real person showed up, please, be angry with the matchmaker and with yourself for believing nonsense. It's not the date's fault."
Gershom Gorenberg in seiner Liebeserklärung an Jerusalem "How to love the real Jerusalem" (Haaretz, 6. November). Die Verachtung, Israels Linke Jerusalem entgegenbringe, sei der Grund, warum es ihr nicht gelinge, mehr Israelis im Kampf gegen die Besatzung zu vereinen.

Sonntag, 2. November 2014

J'attends toujours

"J’ai fait comme tout le monde, j’ai embrassé le Mur, le Mur m’a embrassé, il a pris de mes nouvelles, moi des siennes, je lui ai passé le bonjour de toute la famille, il ne m’en pas donné concernant la sienne, dommage, puis j’ai glissé ma liste de vœux entre ses pierres fraîches, être augmenté par Slate, voir Saint-Étienne devenir champion d’Europe, avoir d’autres lectrices de mes romans que les amies de ma mère.
J’attends toujours."
Der französische Schriftsteller Laurent Sagalovitsch erklärt in seinem Blogeintrag "Jérusalem, un asile à ciel ouvert" (31. Oktober), warum er für Jerusalem so geschaffen ist wie Mutter Teresa für die Führung eines Bordells.

Stay away

"But to tell the truth about Jerusalem, we need courageous leaders, who of course are lacking. The truth is, no country in the world recognizes Jerusalem as Israel’s capital. It has been destroyed by the occupation. It is divided, torn and scarred.
Its sanctity is a matter for believers only — and in any case there’s no connection between this and sovereignty. Its division into two capitals or its morphing into the capital of one state will be much less of a disaster than continuing its occupation.
Meanwhile, we can only stay away from it, as much as possible." 
Gideon Levy erklärt im Meinungsbeitrag für "Haaretz" (2. November), warum er Jerusalem so gut es geht meidet.