Freitag, 13. Mai 2016

Damaskus

Erneute zehn Kilometer rund ums Kloster, aber auf Dauer wird es eben doch langweilig. Zum ersten Mal in dieser Woche wünsche ich mir, einfach tun und lassen zu können, was ich will. Die Besatzung am Frühstückstisch hat gewechselt, und diesmal bin ich sprachtechnisch wirklich verloren: Um mich herum spricht man syrisch, die Sprache vieler syrischer Christen.   
Der Strom hält für ein paar Stunden, so dass ich wenigstens ein Interview abarbeiten kann. Als schliesslich der Akku leer ist, mache ich mich auf die Suche nach einer Flasche Wasser. Es ist Freitag, die meisten Geschäfte sind geschlossen. Stattdessen entdecke ich einen kleinen Markt gleich hinter den Häuserblöcken auf der gegenüberliegenden Strassenseite. Knoblauch hat Saison, und der Duft der teils kunstvoll gebundenen Zöpfe füllt die Strasse. Schon eigenartig, wie schnell man - ich - sich auf den immer gleichen Wegen bewegt, wo doch auch links und rechts davon viele kleine Perlen versteckt liegen...  
Nach dem Mittagessen - diesmal mit Schwester Davida und Abouna Anton im Konvent - ist der Akku wieder aufgeladen, im doppelten Sinne. Ich verbringe den Nachmittag in der lateinischen Pfarrei, zusammen mit 50 Familien aller katholischen Konfessionen. "Wie in Zeiten des Kriegs besser kommunizieren", lautet eine der Fragen des Studiennachmittags. Als ich Aufnehmen des Gruppenfotos den halblaut gemurmelten Spekulationen über meine Herkunft auf Arabisch antworte, habe ich die Lacher auf meiner Seite - und hoffe, dass die Freude des Moments auf meinen Bildern durchkommen wird. 
Beim Abschied von Schwester Davida kommen mir erneut die Tränen. Es berührt mich, dass sie in mir die Heldin sehen, weil ich hergekommen bin. Dabei sind sie meine Helden: weil sie bleiben. Und Tag für Tag diese Situation erleben.

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