Dass es politisch werden würde, liess schon der Name des Veranstalters vermuten. Sabeel, Zentrum für palästinensische Befreiungstheologie. In einer kleinen Gruppe geht es los. Ein "zeitgenössischer Kreuzweg" führt zu den Stationen palästinensischen Leidens. 14 Stationen werden es nicht dieses Mal, aber die Idee hinter dem "liturgischen Weg auf die Via Dolorosa der Palästinenser" wird deutlich: Die Ereignisse von Karfreitag mit dem andauernden Leid eines besetzten Volkes heute verbinden, das konkrete Erleben mit dem Glauben.
Erste Station und Symbol für die Nakba, die Katastrophe, wie die Palästinenser die Gründung des Staates Israel 1948 nennen, ist das kleine Dorf Lifta am Stadtrand Jerusalems, 1948 von seinen palästinensischen Bewohnern verlassen und heute Geisterstadt und Spekulationsobjekt. "Wie Jesus zu Tode verurteilt wurde", heisst es in der Eröffnungsmeditation, "waren die Ereignisse von 1948 das Todesurteil für mehr als 400 palästinensische Dörfer". Es folgen Zeugenberichte, Schriftlesungen, kurze Reflexionen und Gedichte von Flüchtlingen, Gebete. Gebetet wird für die Palästinenser und gegen die Besatzung, aber auch für die Besatzer und Siedler, für Christen, Muslime und Juden. Der Kreuzweg, sagt eine seiner Erarbeiterinnen, will nicht mit dem Finger auf jene zeigen, die das Leid verursachen. Keine Demonstration, wie sie betont, sondern Liturgie mit Gebeten, "nur eben zeitgemäss". Und doch legt er seine Finger in die Wunden.
Eine jüdische Siedlung auf Ostjerusalemer Gebiet und ein Flüchtlingscamp mit Blick auf die Mauer bilden die zweite Station, dann folgt die Begegnung mit palästinensischen Familien, die aus ihren Häusern in Sheikh Jarrah vertrieben wurden. Die kleine Tour endet schliesslich, wo sie enden muss: Mit einem Panoramablick auf Jerusalemer Altstadt und ihre heiligen Stätten. Jerusalem, sagt die ehemalige Mitarbeiterin von Sabeel, an Jerusalem entscheidet sich alles. Die Stadt ist der Schlüssel zum Frieden.
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