"Sesso santo", heiligen Sex, versprach vor ein paar Jahren eine italienisch-katholische Liebesfibel, in der Katholiken nachlesen konnten, was im Bett erlaubt, was verboten ist. Schon ein Kuss, lernte der Ahnungslose, könne verheerende Folgen haben, verheiraten sich doch unterdessen schon mal die Bakterien. Für diese und zahlreiche weitere, mit der Lust an der Lust verbundene Gefahren wurde sensibilisiert, denn schliesslich "existiert kein Satanskult, der nicht Zügel- und Regellosigkeit auf sexuellem Gebiet vorsieht".
"Heiligen Sex" versprach fast zeitgleich auch ein jüdisches Fibel-Pendant: "Kosher Sex". Auch hier ist klar: Sex hat keinen Platz ausserhalb der Ehe – und für alle, die noch nicht den rechten Partner gefunden haben, hielt das Buch wertvolle Ratschläge parat – bis hin zur "Hochzeitscheckliste". Geklärt wurden auch wichtige Fragen wie "Licht an oder aus während des Aktes?" und "Gibt es ein koscheres Kama Sutra?" Ein "biblischer Ratgeber für grossartigen Sex", schwärmt ein Leser, auch Katholiken und sogar ein Methodist begeisterten sich in Leserkommentaren für die Kosher-Sex-Variante.
Während des Rabbis Ratschläge binnen kürzester Zeit in den USA zum Bestseller wurden, er von diversen Medien als "Playboy" und "Love Prophet of the World" betitelt wurde und es sogar auf die ein oder andere Übersetzung schaffte, ist der katholische "Sesso santo" heute nicht einmal mehr in italienischen Buchhandlungen zu finden. Vielleicht liegt es an den unkoscheren Gedankenspielen, die der Rabbi gegen die Flaute im Bett verordnet: Eheleute mögen sich nicht als langjährige Partner in einer festgefahrenen Ehe betrachten, sondern stattdessen so tun, als wären sie Liebhaber in einer ausserehelichen Beziehung – klingt doch gleich viel aufregender als die katholische Mahnung: "Sex als Selbstzweck führt zu Sucht, zu Krankheiten, zum Tod."
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