Dienstag, 30. August 2011

Immer wieder Visa

"When did you come to Israel???" Der Pass mit dem jüngsten Einreisestempel liegt vor der Dame in der Visaabteilung des Innenministeriums, aber ich bin ja schon froh, dass sie mich überhaupt "behandelt". Zwar war ich diesmal wirklich pünktlich im Ministerium, aber ein orthodoxer Mensch vor mir in der Schlange vor den Sicherheitskontrollen hat den Betrieb aufgehalten -  mit schätzungsweise zwei Dutzend metallenen Gegenständen, verteilt auf die diversen Taschen seiner Kleidung. Die Sachbearbeiterin schaut auf den Pass, dann auf den Computer, wieder auf den Pass. "When did you came to Israel??" Geduldig wiederhole ich das Einreisedatum, der Stempel im Pass gibt mir recht. "You're not in Israel", sagt sie im Brustton voller Überzeugung. Das sagt zumindest ihr Computer. "Kann nicht sein!" Mein Blick in diesem Moment ist vermutlich nicht weniger ungläubig als der ihre. Dass ich da bin, daran besteht für beide kein Zweifel, und der Pass samt Stempel belegen die Rechmässigkeit meines (Hier)Seins. Die (Daten)Leitung der Israelis ist in manchen Dingen etwas lang - acht Tage dauert es zum Beispiel, bis die am keine 60 Kilometer entfernten Flughafen erfassten Passagierdaten auch im Computer des Innenministeriums in Jerusalem angekommen sind. Aber seit meiner Einreise sind fast doppelt so viele Tage vergangen. Neuer Termin, nochmal wiederkommen - ich stelle mich mental schon mal auf das Schlimmste ein. Aber schliesslich scheint die Dame ihren Augen doch mehr zu trauen als dem Computer. Angespornt von dem sichtbaren Beweis meiner Existenz in diesem Lande durchforstet sie den Computer systematisch. "That's it!" Nach ein paar Minuten des Bangens bin ich doch noch aufgetaucht. Ein Tippfehler bei der Passnummer, aus G wurde eine 6. Jetzt ist endlich alles gut, ich bekomme mein Visum und bin froh, nicht an einer sechs gescheitert zu sein. Kafkaesk. Oder dem Gastland entsprechend vielleicht eher kishonesk.

Sonntag, 28. August 2011

Mit anderen Augen

Jerusalem erzählen aus der Sicht seiner Bewohner. Das ist das erklärte Ziel einer Filmcrew, die derzeit an einer Imax-Doku über die "dreifach heilige Stadt" dreht. Protagonisten sind vier Jugendliche, je ein Vertreter der drei grossen Religionen Islam, Judentum und Christentum, plus ein Säkularer. Jeder von ihnen soll mit der Kamera begleitet werden – wo essen sie, leben sie, treffen sie sich. Dazu kommen sollen weitere Geschichten von Jerusalemer Jugendlichen. Kombiniert wird das Ganze mit hochaufgelösten Panoramabildern und Aufnahmen aus der Vogelperspektive. In 45 Minuten sollen so Menschen etwas von der Vielfalt und Einzigartigkeit Jerusalems "mitnehmen" und die Diskussion angeregt werden. Das ganze "zeitlos" für die nächsten fünf bis zehn Jahre auf 35 gigantischen Leinwänden in Ländern, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Israel, China, USA, Kuwait … Während die Dreharbeiten noch im vollen Gange sind (geplanter Start ist 2013), macht der Trailer schon mal neugierig!

Von Unterschieden und Gemeinsamkeiten

Wie gross die kulturellen Unterschiede in anderen Bereichen auch sein mögen: Die Schlange vor den Toiletten ist immer weiblich!

Samstag, 27. August 2011

Maria rauf, Koran runter

Bestimmte Konstellationen von Festen und Begebenheiten sind vermutlich nur in Jerusalem denkbar. Während die orthodoxen Christen (durch den anderen Kalender verschoben zum Termin der Westchristen) Mariä Himmelfahrt begehen, feiern die Muslime sozusagen in die andere Richtung - lailat al-qadr, die Nacht der Koranoffenbarung. "Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes. Wir haben ihn [den Koran] in der Nacht der Bestimmung herabgesandt. Aber wie kannst du wissen, was die Nacht der Bestimmung ist? Die Nacht der Bestimmung ist besser als tausend Monate. Die Engel und der Geist kommen in ihr mit der Erlaubnis ihres Herrn hinab, lauter Logoswesen. Sie ist voller Heil und Segen, bis die Morgenröte sichtbar wird", heisst es dazu in Sure 97. In islamischer Tradition ist diese Nacht fern von allem Übel und es herrscht bis zur Morgendämmerung Frieden. Von solchen Nächten könnte die Stadt durchaus mehr als eine gebrauchen...

Freitag, 26. August 2011

Erwartungsvoll

Die Gassen zum Tempelberg füllen sich langsam, aber sicher mit Menschen. Lichterketten in Stern- und Mondform funkeln um die Wette mit den Augen der Kids, die sich vor den Süssigkeitenläden drängeln. Brote und Gebäck jeder Art werden am Wegrand zu hohen Stapeln aufgetürmt, Unmengen an Falafeln gebacken, Humus und Mixed Pickles in kleine Töpfchen abgefüllt, und die Händler werben lautstark um potentielle Kunden. Nach und nach werden kleine Garküchen in den ohnehin schon überfüllt-engen Gassen aufgebaut, und Hähnchen und Co. Brutzeln vor sich hin. Essen oder Trinken sieht man niemanden, denn bis zum Sonnenuntergang dauert es noch eine ganze Weile. Es ist der letzte Freitag im Ramadan, und das Fasten nähert sich mit dem Fest der Offenbarung des Korans  dem Ende. Später am Abend und bis spät in die Nacht ist kein Durchkommen mehr im arabischen Viertel, und überall herrscht Volksfeststimmung.

Lebensraum und Real Estate

"According to the school of thought based on history and faith, the Land of Israel was received by the Jewish people from the hand of God, and we are commanded to take all of it by dint of the Covenant of the Pieces that God made with Abraham. That was a nice big gift, we have to admit, stretching from the river of Egypt to the great river, the Euphrates (…) Suddenly we are short of space here in Israel, which has become full to capacity and needs Lebensraum (…) We were fortunate when we occupied the West Bank because had we not done so, where would we have come to live? And who knows how high housing prices would have risen? The divine promise is now being revealed in all its ability to prophesy about real estate."
Bisher gab es vor allem zwei Begründungen für die Okkupation der Westbank: Sicherheit und göttliches Erbe. Nun, schreibt Yossi Sarid im Haaretz-Kommentar (26. August), ist eine weitere Säule hinzugekommen: Bezahlbarer Lebensraum

Donnerstag, 25. August 2011

Einfach so

Es ist noch ordentlich heiss am Nachmittag, aber die Verlockung, auf dem Rückweg noch am Trappistenkloster in Latrun vorbeizugehen, ist gross. Querfeldein, auf Sicht sozusagen, geht es durch ein kleines Stück Wald, an den Weinstöcken des Klosters vorbei und weiter durch einen kleinen Olivenhain, immer entlang der "Green Line" auf die italienisch anmutende Abtei zu. Leider ist das Kloster schon geschlossen, ein Arbeiter schliesst das Tor hinter den letzten Gästen. Wohin ich muss, fragt er mich, als er als letzter in sein Auto steigt. Jerusalem - nicht meine Richtung, sagt er zur Entschuldigung. Er nimmt mich mit den Berg hinunter bis zur Bushaltestelle, zum Abschied schenkt er mir eine Flasche Rotwein aus klostereigener Produktion, "hope to see you again in Latrun!"

Mittwoch, 24. August 2011

Gemeinsame Interessen

"So both Hamas and Israel share a common interest - that Hamas continue to run the Strip so long as it manages to keep the violent opposition at home at bay. On the face of it, Israel could not have expected a more successful partner for managing the occupation. Because Hamas has the power to determine not only the military agenda but also the political agenda of Israel and the Palestinians.
Aus israelischer Sicht sei es ganz gut, dass es die Hamas gebe, findet Zvi Ba'rel (Haaretz, 24. August)

Dienstag, 23. August 2011

Montag, 22. August 2011

Beredtes Schweigen

"Woher kommt Ihr?", fragt die freundliche Ordensschwester, die uns am Gartentor empfängt. Ich bin aus Deutschland, meine wahrheitsgemässe Antwort, während sie uns langsam durch den Garten zur Kirche führt. Mein Begleiter schweigt und lässt seinen Blick über das schöne Anwesen schweifen. "Wir sind griechisch-melkitische Christen", führt die alte Dame weiter aus und nennt mit wenigen Sätzen Patriarch, Bischöfe, Kathedrale ihrer Konfessionsgruppe. "Christen?", fragt sie weiter, als wir die Kirche betreten. Ich nicke, katholisch; mein Begleiter schweigt und vertieft sich in das Studium der Malereien byzantinischen Stils im Innern der Kirche. Sie übergibt uns in die Hände einer Mitschwester, die uns mit Hingabe in allegorischer Deutung die Malereien erklärt. Es ist ruhig in dem kleinen Kloster, im Moment sind wir die einzigen Besucher. Nach einem kleinen Rundgang durch den Olivenhain und einer aufgelassenen Eremitinnen-Zelle verabschieden wir uns von den Schwestern. Eigentlich sind wir für ein paar Fotoaufnahmen nach Bethlehem gekommen, aber noch steht die Sonne zu hoch, also entscheiden wir uns für einen Rundgang entlang der Mauer.
Arlette und Claire Anastas stehen vor dem Haus ihrer Familie – von drei Seiten umgeben von der knapp neun Meter hohen Mauer, die Bethlehem von Jerusalem trennt, bereit, ihre Geschichte jedem zu erzählen, der sich die Zeit nimmt, ihnen zuzuhören. Woher wir kommen, lautet erneut die Frage. Aus Deutschland, erneut meine Antwort; mein Begleiter schweigt. Durch den Bau der Mauer seien sie quasi abgetrennt worden – von der Familie auf der anderen Seite des Korridors zu Rachels Grab, vom (beschlagnahmten) Land ihrer Tante oberhalb des Hauses, vom Strom der Touristen auf biblischen Pfaden. Das Dach ihres eigenen Hauses dürfen sie nicht ohne vorher eingeholte Genehmigung betreten, die Weinstöcke im Garten, erklärt uns Claire, leiden unter dem permanente Schatten, den die Mauer auf das Anwesen wirft. Wut und Frustration über die israelischen Soldaten sind ihr anzumerken, mehrfach spricht sie von der "israelischer Mafia". 
Ob sie jemals in Betracht gezogen hätten, wegzuziehen? Diesmal ist es mein Begleiter, der das Wort ergreift, ich schweige. Weggehen hiesse, alles zurückzulassen und damit zu verlieren, weil "die" das Anwesen "unter irgendeinem Vorwand" beschlagnahmen würden. Verkauf an Palästinenser ausgeschlossen – wer will schon hier wohnen –, an Israelis ebenso – das käme einem Todesurteil gleich, ausgeführt durch die eigenen Landsleute. Auch an der christlichen Gemeinschaft lassen die beiden Frauen kein gutes Haar. "Seid Ihr Christen?" Ich nicke: "Katholisch"; mein Begleiter schweigt. Kaum Unterstützung erhalte man von den Christen, weder den Einheimischen noch der Kirche insgesamt, und die Katholiken seien die schlimmsten. Ob er ihr ein Foto von dem neuen Graffiti vis-à-vis ihres Ladeneingangs machen könne, fragt Claire meinen Begleiter zum Abschied. Sie wolle Postkarten davon machen, für die wenigen Besucher, die bei ihrem Bethlehembesuch hier vorbeikommen. Geschichten wie die der Anastas hört man bei jedem Besuch in der Westbank. Ungewohnt ist es, sie in Begleitung eines jüdischen Israelis zu hören.

Sonntag, 21. August 2011

Jüdisch unterwegs

Die "Boardingtime" für den Flug Genf – Tel Aviv fällt ungefähr in die Zeit des jüdischen Morgengebets. Während die eine Hälfte der jüdischen Passagiere ihr Gebet noch in der Abflughalle verrichtet (und der ein oder andere eifrige Beter darüber beinahe seinen Flieger verpasst), springt die andere Hälfte mit dem Erlöschen des Anschnallzeichens von ihren Sitzen auf, um im Mittelgang ihrer morgendlichen Pflicht nachzukommen. Schräg gegenüber lässt sich ein junger französischer Jude von seinem Hintermann den Siddur auf Hebräisch erklären ("Ich lese nicht mal das Wort 'Schabbat' auf Hebräisch!"), sein Sitznachbar widmet sich auf dem iPad religiöser Literatur. In der Reihe vor mir diskutieren drei orthodoxe Juden über die Bordspeisekarte und die Frage, welche der angebotenen Speisen möglicherweise koscher sein könnten, während gegenüber die definitiv koscheren, weil selbst mitgebrachten Speisen – Hummus & Co. – ausgepackt werden. "Ich ertrage keine Israelis ausserhalb Israel", flüstert es in der Bankreihe hinter mir, während sich eine junge Jüdin mit ihrem Sitznachbar darüber ereifert, dass die Israelis das Ausreiseetikett immer ausgerechnet über das weisse Kreuz auf ihrem Schweizer Pass kleben: "Ich hänge an dem Kreuz!"

Samstag, 20. August 2011

Ansichten

"Ist denn Palästina eine Reisedestination?" Die Frage des jungen Vaters ist die mehr als erstaunte Reaktion auf meine Erzählungen über Nablus, Ramallah und Co. Dass man sich dort als Westler frei bewegen kann und es überdies auch noch Ecken gibt, die richtig schön sind, kann er sich nicht so recht vorstellen. Schon Israel erscheint dem Schweizer als eine Spur zu abenteuerlich. "Jerusalem, wie spannend  - da war ich im Februar für knapp drei Wochen", entspannt sich das Gespräch mit dem Freiwilligen, der für ein Schweizer Hilfswerk in der Freiburger Innenstadt Spenden einwirbt. "Ganz schön krass, was die Israelis den Palästinensern so alles antun." Wer sagt, in Jerusalem zu leben, kommt schnell ins Gespräch, zu präsent sind Israel und sein Konflikt in den westlichen Medien, als dass nicht ein jeder und eine jede seine Meinung zu diesem Land hätte. "Ich will nicht mehr nach Israel, ich behalte Jerusalem lieber so in Erinnerung, wie ich es kennengelernt habe - vor der zweiten Intifada, ohne Mauer, Sperrwall und Checkpoints", so die Reaktion einiger Freunde auf meine Einladung. "Sei bloss vorsichtig, in den Nachrichten haben sie schon wieder von Unruhen und Demonstrationen berichtet", so die beunruhigte Bitte aus der Familie. Und ehe ich es mich versehe, spiele ich immer wieder den advocatus diaboli, der jeweils die andere Seite verteidigt ... vielleicht die adäquate Ergänzung zur Verteidigungsrolle in Israel selbst, wo man sich oft gegenüber der einen Seite für den Kontakt zur jeweils anderen selbstverteidigen muss.

Mehr Zäune

"The halcyon days of Oslo and dreams of a 'New Middle East' and open borders between Israel and its neighbors are long gone; instead, we are facing a Mideast that is crueler and more dangerous than ever. As it did in the face of Palestinian murderousness in the past decade, Israel’s government must embark on a national project aimed at building large, effective fences around much of the country."
Yigal Walt kommentiert die aktuelle Sicherheitslage in Israel für Ynet-News (19. August)

Freitag, 19. August 2011

Donnerstag, 18. August 2011

Media's agenda

"What will happen on the 20th of September is more-or-less what is happening today.  Gasoline will flow through the pumps; electricity through the cables, milk will be in containers as will be cottage cheese (...) The day on which the Palestinians intend to declare statehood is not supposed to change our lives.  Because reality is not only what is determined by the media's agenda."
Die israelische Tageszeitung Ma'ariv in einem Kommentar (15. August) zur geplanten einseitigen Ausrufung eines Palästinenser-Staates im September und die möglichen Auswirkungen

Mittwoch, 10. August 2011

Folkloristische Aufhübschung

"Der prinzipiell agnostische Zug der meisten Journalisten macht vor dem Judentum nicht halt. Es taugt zur folkloristischen Aufhübschung der eigenen Toleranzbedürfnisse, nicht aber zur ernsthaften Auseinandersetzung. Tefillin und Tallit werden als Requisiten exotischer Gebräuche präsentiert oder sie stehen gleich komplett unter Fundamentalismusverdacht und werden mit den Bildern wütender Siedler im Westjordanland kurzgeschnitten. Der öffentliche Jude darf Kiddusch und Kaddisch murmeln, kaum aber von Gott und Elija erzählen."
Der deutsche Kulturjournalist, Literatur- und Medienwissenschaftler Alexander Kissler untersucht für die in Deutschland erscheinende Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine" (4. August), wie Medien das jüdische Leben in Deutschland wahrnehmen und was verborgen bleibt

in a bubble

"Are our economic problems a result of the absence of peace? If we continue with the peculiar version of 'Zionism' that Prime Minister Benjamin Netanyahu represents, are things bound to get worse? Yes. Hell, yes (...) Without peace, in short, the 'start-up nation' is bound to run down. And the marches prove that the young of Tel Aviv − with global experiences and cosmopolitan instincts − do not live in a bubble. It is Netanyahu and the right, settlers and the Orthodox and Russian Putinists, who live in a bubble. God willing, the streets of Tel Aviv will burst it even before the streets of Ramallah do."
Die Atmosphäre auf dem Planeten Netanyahu lasse uns "allmählich ersticken", schreibt der an der Hebräischen Universität lehrende Ökonom Bernard Avishai in einem Haaretz-Beitrag (5. August) über die Protestmärsche in Tel Aviv und anderen israelischen Städten

Dienstag, 9. August 2011

Ungleiche Ellen

Israelische Gerichte diskriminieren israelische Araber. Das hat kürzlich eine umfassende Studie ergeben, die unter anderem von der israelischen Gerichtsverwaltung in Auftrag gegeben wurde (Haaretz). Wer als Araber vor einem israelischen Gericht landet, kann davon ausgehen, dass er für die gleiche Straftat eine höhere Strafe erhalten wird, wie Juden. Auch wird ein Araber mit grösserer Wahrscheinlichkeit verurteilt als ein des gleichen Delikts angeklagter Jude.
Hier, so urteilt Haaretz, geht es nicht mehr nur um kleine Gruppen – Zulassungskomitees von Gemeinden, Rausschmeisser von Nachtclubs –, die diskriminierend sind, sondern das Gerichtssystem – der Idee nach eigentlich Vorbild in Sachen Recht und Gerechtigkeit. Diese Form von Rassismus dürfe es nicht geben nicht vor Gericht.

Montag, 8. August 2011

Judoku

"Of course you don't have to be Jewish to enjoy Judoku!" Klärende Worte zum "Sudoku for Jews", mit einem Augenzwinkern und zwei unverkennbar jüdisch-orthodoxen Gestalten auf der Spieloberfläche. Sudoku, für viele schon jetzt ein suchtpotentieller Zeitvertreib, goes Jewish. "Oy Vey! Is this a mishuga game or what!" Der Spieler, ob nun jüdisch oder nicht, hat die Wahl zwischen drei Spieloberflächen und je drei Schwierigkeitsgraden. Zur Wahl stehen "Icons", religiöse Symbole aus der Welt des Judentums, hebräische Buchstaben oder die "traditionelle" Sudoku-Oberfläche. Schofar, Torah-Rollen und Gesetzestafeln gilt es den klassischen Sudoku-Regeln entsprechend in den Kästchen anzuordnen, kurze Begleittexte weihen den Unwissenden in die Bedeutung des jeweiligen Symbols ein. Nicht nur Denkspiele soll der potentielle Spieler mögen, sondern "you should be excited to learn about Jewish culture and Hebrew". Derzeit erhältlich ist das App in 15 Sprachen. Koreanisch und Chinesisch sind ebenso darunter wie Schwedisch und Türkisch. Ivrit oder gar Jiddisch sucht man vergebens.

Donnerstag, 4. August 2011

Bereichernd

Beten kann eine durchaus bereichernde Erfahrung sein - bis hin im wörtlichen Sinne. So zumindest im Fall eines jungen Israelis, der sich am Mittwcoh in aller Frühe zum Gebet an die Klagemauer aufgemacht hat. Offenbar war er nicht ganz so vertieft in seine Zwiesprache mit Gott: Ein ungewöhlicher Zettel unter den zahlreichen Papierstücken mit Bitten und Gebeten, die traditionell von Juden in die Ritzen des Mauerwerks gesteckt werden, hat seine Aufmerksamkeit erregt. Sein Fund: Ein Scheck in Höhe von 100.000 Dollar, ausgestellt in englischer Sprache und an die "heilige Klagemauer" adressiert. Für den Klagemauer-Rabbiner ist die Neugier des jungen mannes eindeutig Gotteslästerung. Der aber hat sich bereits nach Haifa zurück- und einen Rechtsanwalt seines Vertrauens hinzugezogen.

Taube Ohren

"The State of Israel is run by non-Israelis. Our political and economic leaders - and to some extent our defense leaders - are mostly people unfamiliar with the Israeli experience and the Israeli lifestyle. They are cut off. As the protest grows, we should pay attention to that. The protesters' demands are falling on deaf ears, one reason being that many decision makers have no idea what they're talking about. They've reformed public transportation, when they haven't traveled by bus for years, and they're discussing the housing shortage, when most of them have been living in luxury apartments for years. The health system's problems are also foreign to them. When was the last time their hospital bed or that of a loved one was put in the corridor? They've read about cottage cheese prices in the newspaper, and they've heard about gasoline prices over the radio. But when was the last time they visited a supermarket, except during an election campaign? (...) That is the nature of our Israeli leaders, who make fateful decisions about war and peace, poverty and prosperity."
Gideon Levy, Haaretz (4. August), wünscht sich "Führer, die das israelische Volk verstehen"

Dienstag, 2. August 2011

Keine Wahl

Heiraten vor der religiösen Autorität oder auf dem Standesamt: Eine deutliche Mehrheit von Israelis wünscht sich diese Wahl – nur die, die sie gewählt haben, bestehen auf dem Status Quo. Ein Gesetzentwurf, der die Zivilehe in Israel eingeführt hätte, scheitert letzte Woche in der Knesset. 17 Ja- zu 40 Neinstimmen, hiess das Resultat. Wer heutzutage in Israel die Ehe eingeht (oder selbige auflösen will), muss zwingend zur zuständigen Autorität seiner Religionsgemeinschaft. Oder ins Ausland fliegen, nach Zypern etwa. Dort geschlossene Ehen werden nachträglich auch in Israel anerkannt.

Montag, 1. August 2011

رمضان كريم

Diese Nacht war es wieder soweit: Mit der Sichtung der Neumondsichel am Himmel hat der erste Tag des Ramadan, des islamischen Fastenmonats, begonnen. Dreissig Tage lang erinnert er an die Offenbarung des Koran; Essen, Trinken, Rauchen und Sex sind von Sonnenauf- bis Untergang verboten. Der Ramadan ist zugleich auch der Monat der Nächstenliebe und der guten Taten. Vielleicht deshalb hat Benjamin Netanyahu seiner Ramadan-Grussbotschaft an Muslime in Israel und der übrige Welt auch gleich Forderungen angehängt: Mahmud Abbas, so Netanyahu auf seinem Youtube-Kanal, solle unverzüglich und ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch zurückkehren. Nach nichts sehne er sich mehr als nach Frieden und Demokratie für den ganzen Nahen Osten, und mit seiner Demokratieerfahrung könne Israel den nach Freiheit strebenden Nachbarn als Leuchtfeuer dienen. Als Zeichen der Wertschätzung und des Entgegenkommens spricht Bibi – der sonst schon gern mal auch gegenüber seinen Landsleuten seine guten Englischkenntnisse demonstriert - seine Video-Botschaft an die arabische Welt übrigens auf Hebräisch…