Mittwoch, 5. Januar 2011

Märtyrer für den Glauben?

Die Betroffenheit ist gross. Und obwohl es ein normaler Werktagsnachmittag ist, sind viele gekommen, um bei den orthodoxen Kopten in Jerusalem der Toten der Anschläge ägyptische Christen in der Sylvesternacht zu gedenken. Fast alle Kirchen Jerusalems sind vertreten, dazu eine Reihe Ordensleute, Vertreter von Islam und Politik. Manch einer der Gläubigen hat Tränen in den Augen. Es herrscht zwar keine Panik im Land, aber schon zum zweiten Mal in drei Monaten sind in der Region Dutzende getötete Christen zu beklagen.


Die Trauer der Menschen ist echt, ebenso überzeugend klingt die einhellige Verurteilung der Gewalt und der Aufruf nach Einheit und Frieden - zwischen den verschiedenen Christen wie auch zwischen den drei grossen Religionen der Region. Das Blut der Märtyrer, sagt der koptische Erzbischof, wird die Gläubigen in ihrem Glauben stärken. Und je mehr Blut genommen wird, desto mehr finden zum Glauben.

Märtyrer. Bei dem Begriff kommt "uns Westlern" bestenfalls die Kirchengeschichte in den Sinn. Wenn wir nicht an islamistische Fundamentalisten denken. Hier in Nahost bekommt der Begriff schlagartig eine andere Bedeutung. Der Versuch scheint einleuchtend, dem sinnlosen gewaltsamen Tod doch noch irgendwie einen Sinn abzugewinnen. Trotzdem: Mir West-Christin bleibt der Begriff zutiefst fremd und mir bleibt ein deutliches Unbehagen bei den Worten des Kopten. Erst vor ein paar Wochen hatte er vor einer Gruppe Studierender gesagt, das Martyrium seiner Kirche sei nicht gross genug - weil der Glaube der Menschen schwinde. Nicht erst im Nachhinein finde ich diese Worte zynisch.

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