Gross war der Jubel in Israel, als Papst Benedikt XVI. kürzlich den zweiten Teil seines Jesusbuches vorgelegt hat. In ihm weist er nachdrücklich eine Kollektivschuld der Juden am Tod Jesu zurück. Endlich, so etliche Kommentatoren, seien die Zeiten vorbei, in denen das ganze jüdische Volk für die Schuld Einzelner verantwortlich gemacht und verfolgt wurde.
Gross ist der Aufschrei in Israel angesichts der Ermordung einer jüdischen Siedlerfamilie nahe Nablus vorletzte Nacht - mutmasslich durch einen Palästinenser. Vereinzelt fordert eine Stimme auf der Internetseite von Haaretz den Stopp des illegalen Siedlungsbaus der Israelis. Die Mehrheitsmeinung der Leser von Haaretz, Jerusalem Post und Co. ist, vorsichtig zusammengefasst, eine andere: Die (schreckliche) Tat (eines Einzelnen) zeige, dass es in Eretz Israel keinen Platz gebe für (das ganze Volk der) Palästinenser. Die moderatesten Kommentare fordern, die Palästinenser dafür zahlen zu lassen. "Keine Gnade", "findet den Terroristen und bringt ihn um", "zerstört alle arabischen Dörfer im Land" oder "eine neue Siedlung für jeden getöteten Juden", lauten die erschreckenden Forderungen - und das noch bevor überhaupt klar ist, wer für die Tat verantwortlich ist und welchen Hintergrund sie hat. Für die grosse Mehrheit ist von vorneherein klar: Muslime sind "Tiere", "Schlappschwänze", "Bastarde" und alle Palästinenser "Terroristen". Der schockierendste Kommentar lautet: "Warum stecken wir nicht alle Araber in ein Vernichtungslager?"
Mehrere Dutzend Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und zusätzliche Checkpoints, die das Gebiet rund um Nablus abriegeln. Eine israelische Regierung, die als Gegenmassnahme fünfhundert Wohneinheiten in Siedlungen in den besetzten Palästinenser-Gebieten genehmigt. Ein Innenminister Eli Yishai, der mindestens tausend neue Siedlerwohnungen für jeden getöteten Israeli fordert. Und ein Minister für Information und Diasporaangelegenheiten Yuli Edelstein, für den der Mord an der Siedlerfamilie schon jetzt eines zeigt: "The revolting murderous attack which was perpetrated last night constitutes one of many examples, which testify that there is no partner on the other side. While our children are slaughtered in their beds and Gazans celebrate the criminal butchery by handing out candies and cheering shouts of joy, I ask the international community: With whom do you expect us to talk with about peace?"
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