Freitag, 15. Juli 2011

Schubladen

"Du warst in einer SIEDLUNG??" In den Augen mancher Freunde ist schon die Tatsache, dass ich mich auch im jüdisch-israelischen Milieu bewege, eindeutig ein Negativpunkt auf meiner Liste. Der Besuch in einer Siedlung, noch dazu einer, die mit einer eher "right-wing"-Bevölkerung nicht mal zu den "harmloseren" "Wirtschaftssiedlungen" gehört, ist gleichzusetzen mit "Verrat an der palästinensischen Sache"! Von jüdisch-israelischen Freunden hingegen kommen schon mal Bemerkungen à la "Komm doch Shabbat zu uns, Du siehst ja sonst doch immer nur die andere Seite...!" Oder, wie es ein Freund unlängst formulierte: "Zwischen uns liegen unüberwindbare Gräben - ich bin bei aller Kritik an Israel als Jude hergekommen, weil ich dieses Land liebe und es diese Unterstützung braucht. Du bist von Berufswegen israelkritisch und propalästinensisch und könntest damit schon gar keinen Platz haben in dieser Gesellschaft!"

Vielleicht ist es nicht das schlechteste Zeichen, wenn beide Seiten einem Parteinahme für die jeweils andere Seite vorwerfen. Und sicher ist es ein gutes Zeichen, wenn man sich unter Freunden solche Dinge an den Kopf werfen kann. Trotzdem gibt es mehr und mehr Tage, an denen dieses Schubladendenken nervt. Und mittlerweile weiss ich nicht mehr, was mich mehr stört: die arabischen Händler im Souk, die mit einer bornierten Hartnäckigkeit auf Hebräisch antworten, wenn ich gerade auf Arabisch erklärt habe, dass ich kein Hebräisch spreche - oder die jüdisch-israelischen Freunde, die es für ganz und gar ausgeschlossen halten, dass man mich für einen Teil eben dieser jüdisch-israelischen Gesellschaft halten könnte...

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